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Aachener Bachtage: Die Liebe muss wieder der Krise weichen

Aachener Bachtage : Die Liebe muss wieder der Krise weichen

Unter dem Motto „Glaube – Krise – Hoffnung II“ können die Aachener Bachtage aber in vollem Umfang stattfinden. Geplant sind sechs Konzerte und ein Festgottesdienst.

„Glaube – Krise – Hoffnung II“ – Georg Hage, Kantor der Aachener Annakirche und künstlerischer Leiter der Bachtage, kommt nicht umhin, die 48. Auflage des Festivals wie schon 2020 unter den Krisenmodus zu stellen. Die pandemische Lage machte lange Zeit keine Chorproben mit Aachener Bachverein und BachVokal möglich; unter welchen Bedingungen Konzerte stattfinden können, ist nach wie vor erst kurz vorher sicher planbar. Trotzdem steht für Hage nicht die Krise im Vordergrund, „sondern eher der Glaube und die Hoffnung“.

Zuversichtlich zeigte sich der Annakantor, dass die Aachener Bachtage in diesem Jahr zwar mit weniger Publikum und reduzierten Chorstärken, aber doch endlich wieder in vollem Umfang stattfinden können. Geplant sind sechs Konzerte und ein Festgottesdienst, mit dem die Bachtage am 1. November in der Annakirche starten. Im Fokus: „die spirituelle Tiefe insbesondere der Bachschen Musik“, wie Hage im Programmheft schreibt.

„Nach vorne schauen hat irgendwann nicht mehr funktioniert, weil Planungen nicht möglich waren. Also habe ich stärker zurückgeblickt, geschaut, wie in anderen Zeiten mit Katastrophen umgegangen wurde“, erzählte Hage im Gespräch mit unserer Zeitung. „Für uns war die aktuelle Pandemie einschneidend und belastend, in anderen Jahrzehnten und Jahrhunderten gab es aber Zerstörung in ganz anderem Ausmaß. Und auch danach ging es wieder aufwärts.“ Davon zeugten zum Beispiel die Klage- und Trostlieder des Hochbarock, die die Spezialisten für Alte Musik von arcipelago zum Kammerkonzert-Titel „fewer/pest/vnd todt“ inspirierten.

Ein Ergebnis von Hages Blick in die Vergangenheit ist die Wiederaufführung von zwei Bachkantaten-Programmen, die sein Vorgänger Rudolf Mauersberger zu seinem Start 1919 und am Ende seiner Aachener Schaffenszeit als Annakantor aufgeführt hat. „1918 war gerade der Erste Weltkrieg zu Ende – es war wahrscheinlich eine ähnliche Aufbruchsphase wie heute, eine Zeit mit extremen Erfahrungen in der jüngeren Vergangenheit und eine von Unsicherheit geprägte Zukunft“, sagte Hage. Kirchenmusiker und Komponist Mauersberger erfährt damit in seinem 50. Todesjahr eine besondere Ehrung durch BachVokal und Bachverein.

Dass das traditionelle Orgelkonzert zu einem Akkordeon-Konzert mit Nikola Komatina avanciert, ist ebenfalls ein Zugeständnis an die Krise, aber geprägt vom Glauben, dass Bach auch in ungewohntem Instrumentenklang strahlt und die Bearbeitungen neue Perspektiven bringen. „Das Motto der 48. Bachtage ist ja an ein bekanntes Bibelzitat angelehnt. Die Liebe musste der Krise weichen. Die Krise soll aber ganz sicher nicht ‚die größte unter ihnen‘ sein“, meinte Hage.