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Köln: Musik-Legenden geben sich die Ehre

Köln : Musik-Legenden geben sich die Ehre

Fast jeder, der zwischen Mitte der 50er und Mitte der 60er geboren wurde, hat sie im Plattenregal. Das Cover braun wie Packpapier, in der Mitte ein schlangenhaftes Fabelwesen, zum Ring gewunden, auf den Schuppen des Leibs reitend, drei nackte, muskulöse Frauen mit wild wehenden Mähnen.

Dienstagnacht haben 700 Fans die Platte wieder hervor gekramt. Mit „Sarabande”, September 1975 in Oererckenschwick aufgenommen und ein Jahr später veröffentlicht, schrieb Jon Lord Musikgeschichte. Fast 30 Jahre später hatten jene 700 Menschen in der ausverkauften Kölner Vulkanhalle noch einmal Gelegenheit, Klassiker wie das Titelstück „Sarabande”, „Gigue” oder „Bourée” live zu hören.

Der Mann mit Schnauz und Endlos-Pony ist inzwischen 63 Jahre alt, sein Bart ist so weiß wie sein Haar, das er zum Zopf gebunden trägt. Bevor er am Klavier oder der Hammond-Orgel Platz nimmt, setzt er die Brille auf, statt Jeanshemd trägt er ein anthrazitfarbenes Jackett überm schwarzen T-Shirt. Nach Köln ist er gekommen, um seine neue CD „Beyond the Notes” vorzustellen, die am 20. September erschienen ist, das Konzert wird an diesem Abend in Köln auf DVD aufgezeichnet (ab November erhältlich), im Februar folgt eine Tournee durch sechs deutsche Städte.

Dem Kölner Raum fühlt sich der einstige Tastenmann von „Deep Purple” mehrfach verbunden - seine Plattenfirma ist dort ansässig, Manager Georg Bergheim, Co-Produzent Mario Argandona und Tontechniker Frank Meyer, der das neue Album abgemischt hat, sind Kölner, die CD wurde in den Bonner Hansa Haus Studios aufgenommen - insofern ist es fast logisch, dass es auf „Beyond the Notes” ein Stück namens „Cologne Again” gibt.

Jon Lord, der der legendären Rockband „Deep Purple” - im Februar 1968 von ihm und Ritchie Blackmore in London gegründet - über 30 Jahre die Treue hielt, ehe er 2002 ausstieg, kann auf ein reiches Musikerleben zurück blicken. Orchester-Musik mit Elementen aus Jazz, Folk und Rock zu paaren, fasziniert den Briten seit 1969, „Sarabande” etwa basiert auf barocken Tanzsuiten.

Der Abend dauert, mit 20 Minuten Pause, über drei Stunden und gerät in jeder Hinsicht opulent. Auf der Bühne sind mit 16 Streichern der „Trondheim Soloists”, zwei Keyboards, Gitarre, Bass, Schlagzeug, Percussion und Sängern zeitweise 26 exzellente Musiker. Die Stimmen von Miller Anderson und der charismatischen Sängerin Sam Brown setzen Glanzpunkte, Paul Shigihara beherrscht virtuos seine Gitarre. Geboten wird eine Zeitreise durch 30 Jahre.

Und ein Abend des Wiedersehens: Um 22.48 Uhr betritt Frida, besser bekannt als Annifrid von ABBA, die Bühne. Für sie hat Jon Lord das Stück „The Sun Will Shine Again” geschrieben. Die Zeit ist gnädig mit der 58-Jährigen umgegangen, sehr gnädig. Die Haare sind nicht mehr rot, sondern hellblond, das Outfit damenhaft-klassisch, mit wenig Make-up und langer Perlenkette.

Ihre Stimme hat immer noch das unverwechselbare, tief-goldene Timbre, das sie schon zu ABBA-Zeiten unverwechselbar machte. Nach dem Stück Stille - dann bricht der Applaus los. Viele, viele Blumensträuße gibt es für Frida, einen für Jon Lord. Der Mittelpunkt hat sich kurzzeitig verschoben.