Aachen : Mufflons haben sich in der Eifel gut eingelebt
Aachen Ruhig ist es im Wald. Nur der Schnee knirscht unter den Stiefeln. Plötzlich steht Helmut Nießen still und setzt das Fernglas an. „Auf der Kuppe steht ein Mufflonwidder. Er schaut direkt zu mir herüber.” Das Wildschaf hat ihn erkannt.
Im Zeitlupentempo schiebt sich Nießen hinter einen Baum. Mit seiner Tarnung, einem langen weißen Umhang, wirkt der Förster im Dämmerlicht des Eifelwaldes wie ein Gespenst. Die Wildschafe leben in kleinen Herden und sind scheu. Deshalb bekommt der Mensch sie kaum zu sehen.
Rund 1000 Wildschafe gibt es nach Angaben der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten in Nordrhein-Westfalen. Besonders viele leben im Sauerland. Aus dem Teutoburger Wald stammen die Tiere, die das NRW-Landwirtschaftsministerium 1957 an den Rursee in die Eifel brachte.
Mufflons wurden dort als Jagdwild angesiedelt.
Helmut Nießen darf jetzt keine falsche Bewegung machen, denn Mufflons sehen ausgezeichnet. Im Fernglas sieht er den Widder immer näher kommen. Zwei mächtige Hörner rahmen den Kopf ein. In hundert Meter Entfernung bleibt er stehen und starrt in Richtung des Försters. Doch dann springen fünf Schafe aus dem Dickicht und preschen auf den Widder zu. Blitzschnell ist das Rudel verschwunden. „Im Winter sieht man die Mufflons gut. Im Sommer ziehen sie sich stärker zurück”, erklärt Helmut Nießen. Seit 15 Jahren ist er Förster in Wolfgarten auf dem Kermeter, einem bewaldeten Bergkamm am Ufer des Rurstausees. Hier leben die Mufflons in steilen Hängen und felsigen Schluchten.
Auch auf dem Truppenübungsplatz Vogelsang gibt es Wildschafe. „Im Nationalpark Eifel haben wir rund 200 Mufflons”, sagt Fachmann Gerd Ahnert von der Nationalparkverwaltung Eifel: „Die wenigsten Leute wissen aber, dass es in den heimischen Wäldern Wildschafe gibt.”
Feinschmecker
Vor 4000 Jahren waren Mufflons in Europa weit verbreitet. Starke Jagd brachte die Art an den Rand der Ausrottung. Auf Korsika, Sardinien und in Wildparks überlebte das europäische Wildschaf. Nach Auswilderungen gibt es die bis zu 90 Zentimeter hohen Mufflons wieder in ganz Europa. Laut Ahnert haben sie sich gut in die Eifel eingefügt. In anderen Revieren bereitet ihr Appetit auf Baumtriebe den Förstern jedoch Sorgen: Weil sie ihre Standorte kaum verlassen, können Mufflons in jungen Baumkulturen Schäden anrichten. 30 Mufflons müssen die Förster pro Jahr im Nationalpark schießen, damit sich die Schafe nicht zu stark vermehren. Im März kommen die ersten Lämmer.
Auf der Rückfahrt hält Förster Nießen noch einmal an. Unter ein paar Buchen ist der Boden aufgescharrt und frei von Schnee: „Da haben Mufflons gewühlt”, erklärt der Förster. Im Winter werden sie zu echten Feinschmeckern. „Eine dicke Buchecker unter dem Schnee ist das Leckerste, was sich Mufflons vorstellen können. „Wenn´s sein muss, graben sie dafür ganze Waldhänge um.”