Aachen : Menschen über 60 ist schlechter Service Horror
Aachen Mit der Bezeichnung „Senioren” können und wollen sich viele Menschen über 60 nicht identifizieren. Nichts nervt sie mehr, als betüttelt zu werden. Diese und weitere - oft unerwartete - Facetten eines differenzierten Selbstbildes brachte die Tagung des Katholischen Altenwerkes für das Bistum Aachen in der Bischöflichen Akademie ans Tageslicht.
„Heute sind Sie einmal König!” Mit dieser einladenden Bemerkung streichelte der Vorsitzende des Altenwerkes, Heinz-Peter Benetreu (Heinsberg), nicht nur die Seele seiner rund 70 Zuhörer. Mit einem Quäntchen Ironie macht er dabei auch ein Grundproblem von älteren Frauen und Männern deutlich: Einerseits nehmen Handwerk und Gewerbe gerne ihr Geld, andererseits hapert es noch immer an der zuvorkommenden Bedienung.
Diesem Zwiespalt galt die Tagung: Repräsentanten von Verbraucherberatung, Einzelhandel und Kreishandwerkerschaft legten dar, wie sie den Menschen über 60 als Konsumenten einschätzen - und wie sie seinen Interessen entgegen kommen wollen.
Bärbel Gebert von der Verbraucherberatung NRW (Sitz: Düsseldorf) gelang das plastischste Referat. Sie gab ihrem Publikum in relativ kurzer Zeit eine Fülle von Fakten und Informationen an die Hand - und das so, dass sich die Zuhörer verstanden und am rechten Ort fühlten.
Dank einer aktuellen Studie konnte Gebert in ihrer Betrachtung des Rentner-Alltags aus dem Vollen schöpfen. Zum Beispiel durch die Beschreibung des Lebensgefühls der befragten Frauen und Männer im Pensionsalter: „Die Leute fühlen sich fit, aktiv und interessant. Sie genießen ihre freie Zeit.” Trotzdem sei ihre Existenz auch von Problemen geprägt: Einsamkeit, Zukunftsängste und das von Hilfebedürftigkeit und daher im Empfinden der Probanden letztlich negative öffentliche Bild seien vielfach genannt worden.
Wichtig, so Gebert weiter, sei den Verbrauchern, die nicht mehr im Arbeitsleben stehen, zum Beispiel ein guter Service in den aufgesuchten Geschäften. Ein Herr unterfütterte diesen Punkt in der anschließenden Diskussion mit eigenen Erfahrungen: In einem Drogeriemarkt erst kein und dann nur widerwillige Beratung finden zu können - das sei schlicht und einfach „ein Horror”.
Doch nicht nur gut, sondern auch auffindbar sollen die Informationen sein. Und dazu gehört für die Befragten nicht nur ein genügend großer Schriftgrad bei Preisschild und Verfallsdatum, sondern auch, dass diese Daten ohne umständliches Drehen und Wenden der Verpackung auffindbar sind.
Ein weiterer Punkt: die Technik. Grundsätzlich äußerten sich die auf „Kundenkonferenzen” ausgeforschten Versuchspersonen dazu positiv. Wenn aber der Bildschirm auf dem Automaten bei der Bahn nicht ohne Blendeffekte zu lesen ist oder der Kunde gezwungen wird, seine Geldgeschäfte an dem als nicht sicher empfundenen Automaten zu tätigen: Dann geht die Sachen nicht nur den Mitgliedern des Altenwerks schwer gegen den Strich.