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Aachen: Lustvoll-vergnügliches Gemetzel mit Worten und Volten

Aachen : Lustvoll-vergnügliches Gemetzel mit Worten und Volten

Vor 21 Jahren ist Yasmina Reza mit „Kunst“ eine Tragikomödie voller Wortwitz gelungen, die die französische Autorin schlagartig berühmt machte. Das Theater K beweist mit seiner Inszenierung, dass dieser moderne Klassiker nichts von seiner Brillanz eingebüßt hat. Die Produktion hat drei Stars: die bisweilen höchst geschraubten Mono- und Dialoge, die reduzierte Kulisse und die drei furios auftretenden Schauspieler.

Das Aachener Suermondt-Ludwig-Museum bietet dem „heimatlosen“ Theater K derzeit ein „Winterquartier“ — für „Kunst“ der perfekte Schauplatz. Die Bühne ist minimal ausgestattet: grauer Boden, graues Sofa, weiße Wand, weiße Dekoartikel, weiße Stehlampe.

Der Auftakt erinnert an eine dadaistische Soundcollage: Serge (Anton Schieffer) stolziert selbstzufrieden schnipsend über die Bühne. Ivan (Oliver Matthiae) rutscht hektisch auf den Knien über den Boden und summt dabei, während Marc (Jochen Deuticke) nervös hin und her läuft, dabei mit einem Pillendöschen rasselt und touretteartige Wutschreie ausstößt. Die drei langjährigen Freunde geraten in Streit: Serge hat sich ein Bild gekauft, weiß mit weißen Streifen, für 200.000 Francs. Marc findet es „eine Scheiße“ und kann nicht verstehen, dass Serge dafür so viel Geld ausgegeben hat.

Der wiederum findet Marc herablassend und arrogant. Ivan, der seine eigenen Probleme mit seiner bevorstehenden Hochzeit hat („Bei mir beginnt nun der logische Ablauf der Dinge: Heirat, Kinder, Tod.“), wird abwechselnd als Komplize oder Sündenbock missbraucht.

Doch der Streit darüber, ob das weiße Bild (Serge: „Die Vibrationen des Monochromatischen kommen nicht bei künstlichem Licht.“) nun Kunst und 200.000 Francs wert sei oder nicht, ist nur der Vordergrund — und wird auch nicht aufgelöst. Denn es geht in „Kunst“ nicht um Kunstkritik. Reza kratzt am Mythos der Männerfreundschaft. Marc und Serge, Egozentriker par excellence, geraten in einen immer verletzenderen Clinch.

Regisseur Matthias Fuhrmeister lässt die beiden aufeinander los, die verbalen Fouls gehen unter die Gürtellinie. Dass der weinerliche Ivan zwischen die Fronten gerät, ist vorhersehbar. Es ist ein Vergnügen zu sehen, wie er sich erst windet, dann wehrt. Szeneapplaus erhält Matthiae für Ivans Einladungskartenmonolog.

Bei all dem angestauten Frust, all den bösen Worten, all den Verletzungen und Beleidigungen, die sich die drei an den Kopf werfen, fragen sich die Zuschauer gespannt, ob dieses lustvolle Gemetzel aus Pointen, Volten und Wortverdrehungen je zu einem guten Ende finden kann oder in Mord und Totschlag enden muss. Am Ende sind es ein Stift, ein Skifahrer und Gallseife aus der Schweiz, die das Drama auflösen.

Die Premiere im ausverkauften Haus endet mit „Bravo“-Rufen und lang anhaltendem Applaus.