Kornelimünster : Kunsthaus NRW präsentiert aktuelle Kunst und Medienkunst
Kornelimünster Für die neue Doppelausstellung im Kunsthaus NRW in der Alten Reichsabtei Kornelimünster sollte der Besucher viel Zeit mitbringen — sehr viel Zeit! Immerhin bekommt er einerseits mit 45 Werken von 31 nordrheinwestfälischen Künstlern einen Überblick über die Vielfalt künstlerischen Schaffens in NRW, andererseits mit fünf Künstlern und drei Kollektiven einen Einblick in die ganz aktuelle Medienkunst in NRW.
Faszinierende und inspirierende Videoinstallationen, multimediale Sound-Environments und analoge Doppelprojektionen haben die beiden Kuratoren Marcel Schumacher, Leiter des Kunsthauses, und Elke Kania für die „reflecting“ benannte Schau ausgesucht.
Das alles ist gut gemischt untergebracht und passt sich bestens ein in die historischen barocken Räume der alten Abtei — die Künstler sind jedenfalls begeistert.
Die Themen sind so vielfältig wie die mediale Umsetzung. Das Phänomen des Unfertigen, hinter dem sich ganz besondere Geschichten verbergen, kommt zum Ausdruck in Uschi Hubers Fotos von leeren, unfertigen Ferienanlagen. Viel Sinn für Ironie beweist Luka Fineisen mit ihrer künstlerischen Umschreibung des in diesen Tagen allseits begehrten „Betongoldes“, indem sie modernistische Modelleisenbahn-Häuser vergoldet und dann dem Luftstrom einer Heißluftpistole aussetzt — da schrumpft der Traum vom Betongold doch ganz erheblich zusammen. Die 45 Werke sind über das ganze Haus verteilt und nach Suchworten gruppiert — je nachdem, was die Kreativen so bewegt: Kratzer und Brüche, Katastrophen, Deformation. Alle Arbeiten der 31 NRW-Künstler sind Förderankäufe des Landes in den vergangenen zehn Jahren.
Ein neues Förderprojekt
Medienkunst wurde bislang nicht gefördert durch Ankäufe, das will Marcel Schumacher künftig ändern und setzt bereits mit dem Ausstellungsteil „reflecting“ ein Zeichen. Die meiste, gut investierte Zeit des Betrachters beansprucht hier der Film „One Hour Real“ des preisgekrönten Duos Miriam Gossing und Lina Sieckmann. Sie haben ihn in internationalen „Escape Rooms“ gedreht, in denen man stets eine Stunde Zeit hat, sich über über das Lösen von Rätseln zu befreien. Da keimen Erinnerungen an bekannte Filme ebenso auf wie beunruhigende Gefühle von Bedrohung, Überwachung und Gefangensein.
Lustvoll bunt, überraschend und verblüffend witzig setzt sich Catherina Cramer in ihrem Video „Of Princesses and Fish“ mit der aktuellen Welt junger Menschen zwischen ihren internetvermittelten Erlebnisräumen von YouTube-Tutorials und Beauty-Wahn auseinander.
Aber auch poetische Videoskulpturen wie die von Tim Gorinski gehören dazu: Da rauscht nicht als eine Welle.