Ausstellung im Kunsthaus Eurode-Bahnhof : Der das Holz sprechen lässt
Der Holzbildhauer Wolfgang Kohl zeigt in Herzogenrath neue und alte Objekte. Sie sind allesamt eine stille, aber ausdrucksstarke Mahnung, Empörung und Klage über menschliches Leid auf der Welt.
Ungeschönt und splittrig-rau sind seine Botschaften. So ist auch das harte Holz – vielfach Eiche – zu dem der Bildhauer Wolfgang Kohl (72) am liebsten greift, um daran seine dunklen Gedanken abzuarbeiten, Empörung und Klage über so viel Leid auf der Welt. Kohls Kunst kreist um den Menschen, den er stumm leidend in einer Landschaft aus Not und Elend vorfindet: „Gedankensplitter“ nennt der in Aachen geborene und in Herzogenrath lebende Künstler seine Ausstellung, die im Forum für Kunst und Kultur/Kunsthaus Eurode-Bahnhof, am Sonntag, 24. April, 12 Uhr, eröffnet wird und bis zum 22. Mai zu sehen ist.
Neue Arbeiten verbinden sich mit bereits vertrauten Objekten zu einer kraftvollen Mahnung, das Elend der Menschen nicht zu ignorieren, die auf der Flucht sind, die in Kriegen sterben, abstürzen, gefoltert und zu Boden geworfen werden. Zerbrochen, verzweifelt, still und dennoch mächtig in ihrem Ausdruck sind diese Werke aus Holz, ein Werkstoff mit dem sich Kohl eng verbunden hat. Kohl, der Kunstpädagoge, der in Düsseldorf Bildhauerei, aber auch Kunstgeschichte und Philosophie studiert hat und im Fachbereich Architektur der RWTH Aachen im Einsatz war, schöpft aus einer reichen Vergangenheit. Die Nähe zum Werkstoff wuchs mit der Leitung der Akademie für Gestaltendes Handwerke/Gut Rosenberg in Aachen, die er 14 Jahre lang betreute.
Längst ist es Kohl gelungen, das Holz – mal geschwärzt wie nach einem Brand, grob geglättet, dann wieder roh – sprechen zu lassen, dessen widerspenstige Eigenschaften zu schätzen und das Leben darin mit seinen Gedanken zu verbinden. Marode Zaunpfähle werden zum grausigen Grenzzaun, an dem eine Gestalt stirbt. In der Ecke sitzt ein Mann – das überfüllte Flüchtlingsboot mit den kleinen Holzgestalten wie ein Spielzeug auf dem Schoß. „Hände sind mir sehr wichtig, sie zeigen, was mit dem Menschen geschieht“, sagt Kohl. Haben seine Gestalten Gesichter, so sind diese Ausdruck eines unfassbaren Entsetzens. „Ich möchte mit diesen Werken dazu anregen, über das, was auf der Welt geschieht, nachzudenken, mitzufühlen. Wir können uns nicht abwenden“, betont er.
Der naturbelassenen Oberfläche bleibt er auch im zweiten Bahnhofsraum treu, der mit scheinbar schwankenden hohen Tischchen überrascht. Flaschen in allen Größen werden dort auf kleinen Tischdecken balanciert, wo sie eigentlich rutschen und stürzen müssten: eine komplett hölzerne Hommage an den italienischen Maler und Grafiker Giorgio Morandi (1890-1964), dessen Umgang mit Raum und Fläche den Bildhauer fasziniert. Morandis berühmte Stillleben überführt Kohl in die Dreidimensionalität, „umtanzen“ den Besucher mit Tischbeinen, die zierlich auf „halber Spitze“ stehen oder das „Knie beugen“. Das Spiel mit der Perspektive und die körperlichen Momente sind es, die Kohl in seiner ruhigen Bildsprache bewegen. Auch hier gilt das Nachdenken über Realität und Fiktion. „Gedankensplitter“ ist eben eine Ausstellung, bei der „Gedanken“ zu „Splittern“ werden können.