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Bonn: Koma im Polizeigewahrsam:­ Land NRW auf Schmerzensgeld verklagt

Bonn : Koma im Polizeigewahrsam:­ Land NRW auf Schmerzensgeld verklagt

Seit fast vier Jahren liegt ein 30-jähriger Italiener nach Vorfällen in einem Bonner Polizeigewahrsam im Wachkoma. Seine Schwester verklagte das Land Nordrhein-Westfalen nun auf 200.000 Euro Schmerzensgeld sowie Schadenersatz in nicht bezifferter Höhe.

Am Bonner Landgerichts war am Mittwoch ein erster Prozesstermin. Die Schwester hat sich bei ihrer Klage auf das Straf- Urteil des Bonner Landgerichts vom Juni 2006 berufen, das drei Bonner Polizeibeamte wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt zu sechs und sieben Monate Haft auf Bewährung verurteilt hat. Ein mitangeklagter Polizeiarzt, der nicht rechtzeitig eingeschritten war, erhielt neun Monaten Haft auf Bewährung.

Das Land NRW bezweifelte im Prozess, ob der Herzstillstand des Mannes „ursächlich” durch Fehler der Polizei ausgelöst worden sei, oder ob nicht der massive Alkohol- und Drogenmissbrauch des Opfers das Herzversagen ausgelöst haben könnte. Die Bonner Zivilrichter schlugen einen Vergleich vor, um einen langen Prozess zu ersparen: Das Land NRW zahlt unter anderem 150.000 Euro Schmerzensgeld an das Opfer. Die Prozessparteien wollen in den nächsten Wochen darüber nachdenken.

Laut Strafurteil war der damals betrunkene Italiener, der zuvor auf der Straße randaliert haben soll, im Gewahrsam nicht sachgemäß behandelt worden. Der gewaltsame Einsatz gegen den gefesselten Mann, um eine unfreiwillige Blutentnahme machen zu können, sei „unverhältnismäßig” gewesen. Eine Video-Kamera hatte die Vorgänge mit dem an Händen und Füßen gefesselten Mann in der Arrestzelle aufgezeichnet. Der Gefangene erlitt einen kompletten Herz- und Atemstillstand. Nach verspäteter Reanimation wachte er nicht mehr auf. Das Großhirn soll irreparabel zerstört sein.