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Aachen: Klinikum forscht wie lange nicht mehr

Aachen : Klinikum forscht wie lange nicht mehr

So etwas Niederschmetterndes hatte man einem Universitäts-Klinikum bis dahin noch nicht schriftlich gegeben.

„Aufgrund der Dominanz der Krankenversorgung in Verbindung mit einer unterdurchschnittlichen Forschungsorientierung sieht der Wissenschaftsrat den akademischen Anspruch der Fakultät in Frage gestellt und die Wettbewerbsfähigkeit als hochschulmedizinischer Standort insgesamt nicht gegeben.”

Im Auftrag der Landesregierung hatte der Wissenschaftsrat 1999 die sieben Unikliniken in NRW untersucht und dem Aachener diesen kräftigen Tritt verpasst, der nicht nur manchen Professoren noch heute den Kittel eindrückt. Auch im Umfeld der anderen Fachbereiche der RWTH hatte dieser Verriss der Medizinischen Fakultät einen nachhaltigen Imageschaden verschafft.

Tritt hat gewirkt

Der Tritt hat offensichtlich gewirkt. „Die Fakultät hat sich beeindruckend bewegt seit 1999”, kann der für Forschung zuständige Prodekan Jürgen Floege heute sagen. Das Eigenlob steht auf dem soliden Grund solcher Zahlen, an denen wissenschaftliche Leistungen heute unnachgiebig gemessen werden: Einwerbung von Drittmitteln, Publikationsdichte und leistungsabhängige Bezahlung. Seit 1999 hat das Uniklinikum Aachen die Zahl seiner aus Drittmitteln finanzierten wissenschaftlichen Mitarbeiter auf rund 150 verdoppelt und die Anzahl der Publikationen in Fachorganen um 50 Prozent gesteigert. Die Landesmittel werden zu 14 Prozent leistungsabhängig vergeben; das ist die höchste Quote in NRW und knapp unter der festgelegten Grenze von 15 Prozent.

Ferner hat die Fakultät 15 Stellen für Ärzte geschaffen, die für je zwei Jahre von der klinischen Arbeit für Forschung freigestellt sind. Und nicht zuletzt wurden zehn zusätzliche C3-Professoren für die Forschung berufen, bis 2006 kommen noch einmal sechs dazu. „Gerade diese Professuren werden einen erheblichen Schub in die Forschung bringen”, weiß Floege, dass man „erst ab 2005 den output”, den Erfolg an wissenschaftlicher Leistung sehen kann.

Nötiger Nachschub

Dieser Forschungs-Nachschub war allerdings auch nötig. „Bis Ende der 90er Jahre haben wir ja bei Neuberufungen zuerst gefragt, was die Kandidaten in der Krankenversorgung geleistet haben. Heute wird gleichermaßen berücksichtigt, was die an Forschungsleistungen aufzuweisen und welche Drittmittel sie eingeworben haben”, berichtet Rudolf Lütticken. Der Mikrobiologe hatte sich im vergangenen Juli zur Nachfolge des im Streit mit dem Klinikums-Vorstand zurückgetretenen Dekans Wolfgang Dott bereit erklärt - und erweist sich mit seiner ruhigen Art als Vertreter der Medizinischen Fakultät offenbar als Glücksfall.

„Die Fakultät, Forschung und Lehre, müssen gewinnen bei der Umstrukturierung des Klinikums”, hatte Dekan Lütticken der NRW-Wissenschaftsministerin Hannelore Kraft bei ihrem Besuch im Februar auch öffentlich gesagt. Von den nach wie vor bestehenden „Kommunikationsproblemen” zwischen Klinikumsleitung und Fakultät war die Ministerin offenbar so beeindruckt, dass sie seither einen „Moderator” eingesetzt hat. Mit Erfolg, wie man hört.

Was die wirtschaftlich notwendige Umstrukturierung des Krankenhauses für Forschung und Lehre bringen wird, ist aber offen. Einen vergleichbaren Prozess hat es noch in keinem anderen Uniklinikum gegeben. Die Klinikumsleitung betont ihrerseits ein ums andere Mal, dass ihr Konzept „Forschung und Lehre nur zugute” kämen.

Prüfung 2006

Das Klinikum muss sich aber gleichzeitig auch als Ganzes wie als Forschungsstätte profilieren. Bekanntlich prüft nämlich das Ministerium bis 2006 alle Unikliniken des Landes auf ihre Qualitäten und lässt sich alle Optionen offen - Schließung, Fusion, Verkauf. Aachen setzt hier, da sind sich alle einig, auf den wesentlichen Standortvorteil, die Verbindung von Medizin und Technik (siehe Kasten). Das Dekanat weist jedenfalls schon einmal die Ernte der letzten Jahre vor. Jürgen Floege: „Wir haben das Profil ge- schärft, eine systematische Forschung aufgebaut, die Leistungsanreize deutlich gesteigert. Und wir wissen, das das Ganze auch offensichtlich fruchtet.”