Aachen : Klappernde Schreibmaschinen und eine „Dampflok“
Aachen Sie sind zehn bis 14 Jahre alt, und sie spielen in einem Orchester — und zwar sehr anspruchsvolle Werke wie Maurice Ravels „Bolero“ oder sogar Auszüge aus Richard Wagners Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“: Die rund 80 Mädchen und Jungen des Landeskinderorchesters NRW gastieren am Samstag, 25. November, 18 Uhr, im Depot, Talstraße 2, in Aachen.
Die Musik- und Theaterfreunde Aachen präsentieren damit im Rahmen ihrer Veranstaltung, die in Zusammenarbeit mit der Musikschule Aachen möglich wird, ein Ensemble, das in Deutschland einmalig ist. „Ein reines Kinderorchester gibt es tatsächlich nur in Nordrhein-Westfalen“, bestätigt Lena Zimmer, Projektmanagerin des Ensembles. Sie ist sehr stolz: „Wie bei den Erwachsenen sind alle Positionen eines Orchesters besetzt, sogar Oboe, Fagott, Tuba und Posaune“, sagt sie.
Warum das so außergewöhnlich ist? „Meist fangen Kinder ja speziell mit diesen Instrumenten erst viel später an, das hat auch etwas mit der körperlichen Entwicklung zu tun“, erklärt Zimmer. Das Niveau des Orchesters ist hoch — das Programm entsprechend umfangreich. Beim Gastspiel der jungen Musiker in Aachen lautet das Motto „Musik und Technik“.
Es wird unter anderem das berühmte Musikstück „The Typewriter“ von Leroy Anderson erklingen, bei dem das Tastenklappern zweier Schreibmaschinen (inklusive dem „Kling“, wenn eine Zeile vollgeschrieben ist) im Mittelpunkt steht — für Kinder ein inzwischen fast unbekanntes Utensil. Auf dem Programm steht zudem „The Great Locomotive Chase“ von Robert W. Smith mit dem wehmütigen „Pfiff“ der Dampflok und die „Musik der Automaten“ aus Léo Delibes „Coppélia-Suite“.
Gehämmer und Pfeife
Spaß ist ein wichtiger Faktor in Musikarbeit mit Kindern. „Die Geräusche machen die Sache spannend, sie gehören zur Orchestermusik”, erzählt Lena Zimmer von Holz- und Metallstücken, die im richtigen Moment aneinanderklicken, von effektvollem Gehämmer und vom Steam-Train-Whistle, einer Pfeife für den besonderen Sound-Effekt einer Dampflok.
Seit 2013 gibt es das Landeskinderorchester Nordrhein-Westfalen, das aus dem Kinderorchester Ruhr der Musikschule Bochum hervorgegangen ist. „Von 2008 bis 2012 wurde es von der Stiftung ,Jedem Kind ein Instrument‘ getragen”, berichtet Lena Zimmer. „Danach ging es in die Trägerschaft des Landesmusikrates in Zusammenarbeit mit dem Verein zur Förderung von Landesjugendensembles NRW über.“ Das Kinderorchester avancierte zum Ensemble Nummer neun, das der Verein unterstützt. „Wir profitieren vom vernetzten System aller Ensembles und pflegen den pädagogischen Auftrag, Kinder an die klassische Musik heranzuführen“, betont Lena Zimmer.
Gezielt werden Übungswochenenden — sechs bis sieben im Jahr — veranstaltet, meist in den Ferien. Die Kinder werden dann von Teamleitern betreut, wohnen in Jugendherbergen und sammeln Erfahrungen. In der Zwischenzeit wird das Üben der Stücke den Musikschulen oder Privatlehrern der Kinder anvertraut. Ziel ist es dabei, Kinder im Orchesterspiel zu fördern, aber zugleich bei Familienkonzerten Musik von Kindern für Kinder aufzuführen und damit Hemmungen auf beiden Seiten abzubauen. In den Arbeitsphasen hat jede Instrumentengruppe einen eigenen Dozenten, und an zwei Bewerbertagen im Jahr ist ein Vorspielen möglich.
Bei der Programmauswahl wird Originalliteratur manchmal bearbeitet — etwa die Auszüge aus Wagners Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“. Aber zum Beispiel erklingt der zweite Satz aus Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 8 in der Originalversion.