Kassierte Möllemann Millionen?
Berlin (an-o/dpa) - Der bei einem Fallschirmabsprung getötete Ex-FDP-Spitzenpolitiker Jürgen Möllemann soll angeblich tiefer in Waffengeschäfte verwickelt gewesen sein als bisher bekannt.
In den 90er Jahren war er demnach an mehreren internationalen Rüstungsgeschäften beteiligt. Das berichtete die "Berliner Zeitung" unter Berufung auf Ermittlerkreise. Über Scheinfirmen habe er dafür Provisionen von mehreren Millionen Mark kassiert, die zum Teil nicht versteuert worden seien.
Eines dieser Geschäfte habe einen Umfang von fast einer halben Milliarde Mark gehabt. Bisher war Möllemann nur mit der Lieferung von Fuchs-Spürpanzern an Saudi-Arabien in Verbindung gebracht worden. Die Einkünfte und ihr Hintergrund seien bereits weitgehend aufgeklärt gewesen. Aus diesem Grund stimmte Möllemann laut "Berliner Zeitung" auch zunächst einem Angebot der Staatsanwaltschaft zu, die Verfahren gegen einen Strafbefehl sowie eine Steuernachzahlung samt Strafzuschlag zu beenden. Sein Einverständnis zog er zurück, als ihm die zu zahlende Gesamtsumme mitgeteilt wurde.
Nach dem Tod Möllemanns will die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ihre Verfahren gegen ihn neu ordnen. Es sei zu prüfen, welche Ermittlungskomplexe ausschließlich Möllemann betrafen und welche auch die fünf anderen Beschuldigten wegen Mithilfe berühren, sagte Staatsanwalt Johannes Mocken gestern. "Indirekt wird Möllemann dabei von zentraler Bedeutung sein."
Darum müsse auch überlegt werden, ob die Durchsuchung von Möllemanns Privathaus in Münster neu aufgelegt werde. Diese war am Donnerstag nach der Nachricht von Möllemanns Tod abgebrochen worden. Gegen den 57-Jährigen wurde wegen Verstoßes gegen das Parteiengesetz sowie Betrugs und Untreue ermittelt.
Ausschluss der Öffentlichkeit
Am Wochenende entbrannte eine Debatte über eine mögliche Mitverantwortung der Parteispitze an einem möglichen Suizid. Der FDP-Fraktionschef in Schleswig-Holstein und langjährige Möllemann-Freund Wolfgang Kubicki gab zwar keinem FDP-Politiker direkt Schuld an Möllemanns Tod. "Aber sicherlich werden einige Herren aus der Führungsspitze meiner Partei es heute bereuen, dass sie nicht nur den Politiker, sondern auch die Persönlichkeit Jürgen Möllemann so massiv in Frage gestellt haben", sagte Kubicki und äußerte Zweifel an der Freitod-Theorie. Kondolenzschreiben führender FDP-Politiker soll Carola Möllemann-Appelhoff nicht entgegen genommen haben.
Die FDP-Führung will ungeachtet aller Differenzen für ihren Ex-Minister und -Vizekanzler einen Staatsakt im Bundestag herbeiführen.
Jürgen Möllemann wird laut "Welt" am Freitag um 11 Uhr unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf dem Zentralfriedhof in Münster beigesetzt.