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Berlin: Journalismus, Liebe und Krieg: „Hotel Florida” von Amanda Vaill

Berlin : Journalismus, Liebe und Krieg: „Hotel Florida” von Amanda Vaill

Der Spanische Bürgerkrieg war auch ein Schlachtfeld für Reporter. Wahrscheinlich war es der erste Krieg überhaupt, der journalistisch so hautnah begleitet wurde. Berühmte Fotografen, Journalisten und Schriftsteller aus aller Herren Länder tummelten sich damals an der Front. Ernest Hemingway und Robert Capa gehören mit zu den bekanntesten Namen.

Hemingway ließ sich vom blutigen Kampf zwischen Republikanern und Franquisten zu seinem Meisterwerk „Wem die Stunde schlägt” inspirieren. Robert Capa setzte mit seinen berührenden Bildern von kämpfenden und sterbenden Menschen neue Maßstäbe für die Kriegsfotografie.

Hemingway, Capa und viele andere Franco-Gegner residierten seinerzeit im Hotel Florida in Madrid. So ist es naheliegend, dass die US-Amerikanerin Amanda Vaill dieses Hotel zum Ausgangspunkt ihres Buches über den Bürgerkrieg macht, den sie entlang der Geschichte dreier Liebespaare erzählt. An der Seite Hemingways tritt seine Geliebte und spätere dritte Ehefrau Martha Gellhorn auf, die in Spanien ihre ersten Schritte in der Kriegsreportage macht. Später wird sie zur wohl berühmtesten Kriegsberichterstatterin des 20. Jahrhunderts werden.

Vorläufig aber ist die langbeinige Schönheit noch eine junge erlebnishungrige Frau, die sich bei aller Eigenwilligkeit von dem alten Schlachtross und Vorzeige-Macho Hemingway beeindrucken lässt. Das Paar reist getrennt an, denn der Star-Autor ist verheiratet und Ehefrau Pauline soll in den USA keinesfalls Wind von der Affäre bekommen. Und dann sind da noch die jungen Wilden Robert Capa und Gerda Taro.

Die beiden begnadeten Fotografen - er Ungar, sie eine gebürtige Stuttgarterin - haben bettelarme Jahre in Frankreich hinter sich. Sie begreifen den Krieg als große Chance. Mit jugendlichem Ungestüm stürzen sie sich in dieses Abenteuer, bei dem sie kein Risiko scheuen. Nicht umsonst stammt von Capa der berühmte Satz: „Wenn deine Bilder nicht gut genug sind, warst du nicht nah genug dran.” Und nah dran sind sie wirklich, so nah, dass Gerda ihren Einsatz mit dem Leben bezahlt. Mit nur 26 Jahren stirbt sie im Juli 1937 bei der Schlacht von Brunete, als sie unter einen Panzer gerät.

Amanda Vaill schildert Taro als draufgängerischen Blondschopf mit spitzem kleinen Gesicht „wie ein Fuchs, der dich gleich austricksen wird”. Zu Unrecht wurde das Werk der charismatischen Kriegsfotografin nach ihrem frühen Tod vergessen. Erst in den vergangenen Jahren hat man es wiederentdeckt.

Das dritte Paar ist weniger glamourös und bekannt, hat aber dennoch eine wichtige Rolle auf Seiten der Republikaner gespielt. Arturo Barea war der allmächtige Pressezensor in der umkämpften Stadt Madrid. Die österreichische Journalistin Ilsa Kulcsar trat zunächst als Übersetzerin für die ausländische Presse an seine Seite und wurde dann später seine wichtigste Mitarbeiterin und Geliebte.

Barea hinterließ mit seiner „Spanientrilogie” eines der wertvollsten und objektivsten autobiografischen Dokumente zum Bürgerkrieg, das die Autorin auch als Quelle nutzte. Arturo Barea und Ilsa Kulcsar waren übrigens das einzige der drei Paare, das zusammen alt wurde und eines natürlichen Todes starb (Hemingway und Martha Gellhorn begingen Selbstmord, Capa wurde im ersten Indochina-Krieg getötet).

Vaill schildert die Ereignisse des Bürgerkriegs chronologisch, nach Monaten geordnet, aber mit wechselnden Schauplätzen. Durch den biografischen Fokus gewinnt das Buch an Nähe und Anschaulichkeit, wobei dahingestellt bleibt, ob die komplexen politischen und militärischen Vorgänge bis ins Detail korrekt dargestellt werden. Doch „Hotel Florida” versteht sich ja nicht als Geschichtsbuch. Es vermeidet andererseits aber auch romanhafte Ausschmückungen und ein peinliches Abrutschen zur Liebesschnulze, was bei dem Thema leicht hätte passieren können. Vaill wahrt gegenüber ihren Figuren bei aller Sympathie stets die nötige Distanz. Ihre bisweilen mit Ironie gewürzte Sachlichkeit führt so zu stimmigen Porträts.

(dpa)