1. Kultur

Aachen: Im unausweichlichen Teufelskreis der Täuschungen

Aachen : Im unausweichlichen Teufelskreis der Täuschungen

Unsicher und verwirrt stolpert ein Mann in einen maroden Raum mit Bistro-Tischen, ohne Lichtschalter und mit einer defekten Kamera.

So hatte er sich die Hölle nicht vorgestellt, ebenso wenig wie die beiden Frauen, hinter denen sich nach ihrem Eintritt alle Türen schließen. „Huis Clos” (Bei geschlossenen Türen) nannte Jean Paul Sartre 1944 seinen existenzialistischen Einakter, in dem drei Menschen sich das Leben - oder was davon übrig ist - zur Hölle machen.

2005 jähren sich Geburtsjahr (1905) wie auch Todesjahr des französischen Autors und Philosophen, der 1980 in Paris starb. Also gleich zwei Jubiläen, die das Theater K veranlassten, ein schon lange erwogenes Projekt zu verwirklichen.

Das Foyer Rouge gibt in schwarz-rot einen veritablen Ort der Verdammnis ab. Mona Creutzers stringente Inszenierung legt den Schwerpunkt auf die existenzialistische Aussage des Stücks und den „unerträglichen” Blick, das Urteil der anderen.

Für den Feigling Garcin gilt daher keine Entschuldigung mehr, ebenso wenig wie die sadistische Ines oder die selbstverliebte Estelle, die sich ihres unerwünschten Kindes „entledigt” hat, ihr Tun rechtfertigen können. Der Mensch in Sartres Moderne ist auf sich selbst geworfen, jenseits aller Wertvorstellungen für sich selbst verantwortlich, immer in „höllischer” Rivalität zu den Strebungen der anderen.

Eine schwere Aufgabe für die Schauspieler, Sartres prototypische Figurenkonstellation zu durchbrechen und die bedrückende Faszination gegenseitiger Abhängigkeiten spürbar zu machen. Am besten gelingt das Anush Manukian mit der Verkörperung der intelligenten Lesbierin Ines, die die anderen in ihre sadistischen Machtspiele verstricken will. Ihre dunkle Stimme, ihr Spiel geben Sartres Idee vom zur Freiheit verdammten Menschen überzeugendes Gewicht.

Biblisches „Heulen und Zähneklappern” beim Jüngsten Gericht wird hier akustisch umgesetzt mit Garcins kehligen Tierlauten und Ines´ unheimlichen Kiefergeräuschen. Martin Päthel offenbart plastisch die lebenslange Feigheit und Selbsttäuschung eines Mannes, der die unbestechliche Ines um Vergebung anfleht.

Fast schon komisch übertrieben wirkt Barbara Portsteffen als eitle und verlogene Estelle, die nicht etwa Garcin begehrt, sondern dessen Begierde braucht, um so etwas wie Identität zu erhalten. Keine Spiegel gibt es an diesem Ort, keine Augenlider, die sich ruhig schließen können. Kein ewiges Licht leuchtet den „Untoten” aus den Lampen ohne Schalter, ein selbst entfachtes Höllenfeuer aus Selbstbetrug und Abhängigkeit verbrennt die Gepeinigten, die gleichzeitig Peiniger sind - auf immer.

Da ist der bei Sartre vorgesehene „Hotelkellner” wahrhaft überflüssig. Kräftigen Applaus gab es für diese schwierige Annäherung an Sartres Gedankenwelt.

„Geschlossene Gesellschaft” von Sartre, Theater K, Ludwigsallee 139, Vorstellungen: 9., 16.,19., 23. März, 20 Uhr.

Karten: Tel. 0241/151155.