Aachen : „Ich möchte den Dom gerüstfrei erleben”
Aachen Der Aachener Dompropst Hans Müllejans wird am Freitag 75 Jahre alt. Nach den Statuten des Domkapitels endet damit seine fast drei Jahrzehnte währende Amtszeit als Dompropst der Aachener Kathedralkirche.
Die Aachener werden, so das bei einem frommen Kirchenmann denn statthaft ist, die Statuten verfluchen. Denn die Aachener lieben ihren Dompropst Hans Müllejans. „Aachen ist nichts ohne seinen Dom, und der Dom ist nichts ohne Hans Müllejans”, wie der Aachener Oberbürgermeister Jürgen Linden das einmal formuliert und damit allen aus dem Herzen gesprochen hat.
Mit Dompropst Hans Müllejans begann eine Erfolgsgeschichte namens „Der Aachener Dom braucht Hilfe”. Die Rettung für das bröckelnde Weltkulturerbe startete nach dem Kirchweihfest 1988. „Der damalige Dombaumeister Hans-Karl Siebigs hatte sämtliche Schäden am Dom auf einer acht Meter langen Rolle festgehalten und warnte das Domkapitel: Wenn wir jetzt nichts tun, wird die Chorhalle in zehn Jahren von der Baupolizei geschlossen”, erinnert sich Hans Müllejans.
Vaterstädtische Bewegung
Der Dompropst verbrachte eine schlaflose Nacht - und krempelte am nächsten Morgen die Ärmel hoch. „Der Aachener Dom braucht Hilfe” war geboren. Aus den Sorgen des Domkapitels wurde eine vaterstädtische Bewegung, die Groß wie Klein packte. Und mit der von Hans Müllejans initiierten und 1995 errichteten „Europäischen Stiftung für den Aachener Dom” ist die Bewegung längst in Europa angekommen. Die Sorgen des Hans Müllejans sind seitdem auch die Sorgen gekrönter Häupter und Staatsmänner.
Wenige Zahlen machen deutlich, wie der Hausherr seinen Dom zum Lebenswerk machte: Mitte der 70er-Jahre standen im Förderhaushalt für den Dom knappe 200.000 Mark, ein einziger treuer Spender überwies jährlich einen kleinen Betrag. Heute, nach 16 Jahren, machen mehr als 6000 Spender mit und mehr als 30 Millionen Euro sind in die Sanierung der Kathedrale und des Domschatzes geflossen. Noch immer gibt es einiges zu tun. „Ich möchte den Aachener Dom gerüstfrei erleben”, bleibt denn auch der Wunsch des ab Samstag emeritierten Dompropstes.
„Bin ein fröhlich-rheinischer Katholik”
Die Stadt Aachen hat ihrem Hans Müllejans für seine Leistung mit dem goldenen Ehrenring und mit der Ehrenbürgerschaft gedankt. „Ich bin ein fröhlich-rheinischer Katholik”, charakterisierte er sich einmal gegenüber den „Nachrichten”. Wohl nur eine Frohnatur wie er in ihrer demutvollen Bescheidenheit konnte so zum mitreißenden Sympathieträger für den Dom und auch die Kirche werden.
Wenn Schecks winken oder Bares lockt, ist sich dieser Gottesmann für nichts zu schade. Er klettert in den Raubtierkäfig und führt Tiger durch die Manege, er schunkelt auf Kappensitzungen, steigt aufs Fahrrad und tritt zum Schau-Fußball an, er lässt sich mit Prinz Karneval in Puffele aufwiegen, spielt Skat und zieht bei Wind und Wetter mit der Sammelbüchse klappernd über den Aachener Weihnachtsmarkt - und das alles für den Dom.
„Begnadeter Bettler für den Dom”
Solchen nimmermüden Streiter und Beweger nannte der frühere NRW-Ministerpräsident und heutige Bundespräsident Johannes Rau einmal „Begnadeter Bettler für den Dom”. Das ehrliche Wort klang wie ein weiterer Ehrentitel. Den Kern des Menschen und Priesters und seine Berufung zum Retter des Doms zeichnete Rau so: „Hans Müllejans ist ein wirklicher Brückenbauer zwischen der katholischen Kirche und den Menschen der Stadt, er hat die religiöse und kulturelle Bedeutung des Aachener Doms ins Bewusstsein der Menschen gebracht.”
Der Brückenbauer baut weiter. Mit seinem 75. Geburtstag endet altersbedingt nur das Amt als Dompropst. Er bleibt Mitglied des Domkapitels. Mag sein, dass der „Dompropst em.” sich mehr Ruhe gönnt - Freunde, Theater- und Konzertbesuche, Wanderungen, Reisen und ungelesene Werke in seiner umfangreichen Bibliothek warten. Aber sicher ist das nicht, im Terminplan stehen Vorträge und ehrenamtliche Tätigkeiten.
Und der Dom muss gerüstfrei werden. 2005 soll es soweit sein. „So Gott will!” ist stets ein schönes Wort des Hans Müllejans im Gespräch. Wer schon mag dem liebenswürdigen Dompropst em. etwas abschlagen.