Aachen : Hat jede Menge Spuren hinterlassen: Bildhauer Heinz Tobolla
Aachen Kurz vor der schweren Erkrankung, von der er jetzt im Alter von 87 Jahren durch den Tod erlöst wurde, erlebte Heinz Tobolla eines der bewegendsten Erlebnisse seines Lebens. Der polnische Rat seiner Geburtsstadt Zabrze lud ihn ein, 500 Meter von seinem Geburtshaus entfernt eine Plastik aufzustellen. Er gab der 3,50 Meter hohen Metallarbeit den Titel „Konfrontation mit dem eigenen Ich“.
Der Aachener Künstler Heinz Tobolla wurde 1925 im damals deutschen Hindenburg geboren. Schon als Schüler zog ihn die bildende Kunst an, was zur ersten „Straftat“ seines jungen Lebens führte. Er knackte den verschlossenen „Giftschrank“ seines Vaters, in dem sich die Bücher mit den griechischen Statuen befanden, die in ihrer Nacktheit verderblich sein sollten für den katholischen Jungmann.
Der Sportler und schlesische Meister im Weitsprung leistete seinen Kriegseinsatz als Fallschirmspringer in der Normandie. Nach amerikanischer Kriegsgefangenschaft studierte er Malerei und Bildhauerei in Münster, gleichzeitig Anatomie an der medizinischen Fakultät der Universität. Seitdem hat ihn das Thema „Mensch“ nicht mehr los gelassen.
1953 kam Tobolla „der Liebe wegen“, wie er sagte, nach Aachen. Er hatte das Glück, ausgerechnet im Suermont-Museum ein kleines Atelier und in dessen Direktor Ernst Günther Grimme einen Freund und Förderer zu finden. Seine erste Aachener Arbeit, ein Marien-Medaillon, befindet sich über dem Domportal.
In mehr als 50 Jahren hat Heinz Tobolla, wie Spötter sagen, Aachen „tobollarisiert“: Mit Skulpturen, Brunnen und Denkmälern hinterließ er seine Spuren. Schalk und Ernst stehen meist nicht weit voneinander entfernt. Kehrmännchen und Schirmmädchen im Pontviertel, der drei Meter hohe und 26 Tonnen schwere Davidsstern aus Glas vor der neuen Synagoge oder das beeindruckende Denkmal „Durchbruch“ auf dem Heusch-Platz. Tobolla lässt sich nicht einer Kunstrichtung zuordnen. „Heute werden Kunst und Künstler in Schablonen gepresst und abgeheftet“, pflegte er zu sagen.
Im Jahr 1961 findet er zu seinem großen Thema „Menschen sprechen miteinander“, das er fortwährend variiert. Für das Modell der monumentalen Gruppe, die vor der RWTH-Bibliothek am Templergraben steht, erhielt er den Premier Prix International de Sculpture von Monaco und den Prix Special der Jury. Tobolla hat 38 Mal an Wettbewerben teilgenommen. Dabei erzielte er 14 erste, zwei zweite und drei dritte Preise.
Wer Heinz Tobolla näher kennenlernte, erlebte einen gedankenverlorenen Individualisten. Zwar sagte Peter Ludwig von ihm: „Tobollas Kunst steht nie im luftleeren Raum, sondern sucht den Kontakt zum Leben und zur Welt“ — das aber war immer erst der zweite Schritt. Vorher ließ er die Ideen auf geradezu grüblerische Weise reifen. Seine Individualität wurzelte in einer sinnlichen Spiritualität.