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Alsdorf: Gegen National-Pathos und Standesdünkel

Alsdorf : Gegen National-Pathos und Standesdünkel

Die stummen Geniestreiche Charles Chaplins auf großer Leinwand, getragen vom Live-Sound eines stattlichen Sinfonieorchesters: Da schlagen nicht nur Cineasten-Herzen höher. Damit gehören die Filmprojekte der Aachener Sinfoniker zu den Höhepunkten der Spielzeiten, auch wenn Aachen ausnahmsweise nicht „brahmst”, sondern Chap-lins musikalische Fantasie den Ton angibt.

Diesmal flimmerten die „Lichter der Großstadt” über die Leinwand des Cinetowers in Alsdorf. Ein Film, über dessen einzigartige Qualitäten man kein weiteres Wort verlieren muss.

Dass der Perfektionist Chaplin die Musik zur Chefsache erklärte und keinem noch so gewieften Profi überlassen wollte, versteht sich, wenn man die Sicherheit wahrnimmt, mit der der „Komponist” Chaplin Kolorit und Timing punktgenau trifft. Und das mit einer Fülle einprägsamer, schlichter uind flexibel verwendbarer Motive.

Ob motorische Präzision gefragt ist wie in der absurden Box-Szene, ob grotesk übersteigerte Lebensfreude wie in den Ball-Turbulenzen, ob ironische Seitentritte gegen nationalistisches Pathos und bornierte Standesdünkel: Die Musik erweitert jede optische Aussage um eine unverzichtbare Dimension.

Auch wenn die Solo-Geigen noch so süßlich klingen, sie verlieren ihren banalen Anstrich, wenn dazu Chaplins Augen auf die noch schöneren Augen Virginia Cherills treffen.

Das Feuerwerk an Stimmungs-, Stil- und Tempowechseln live zu begleiten, stellt eine reizvolle und alles andere als einfache Herausforderung an Kapellmeister Daniel Jakobi und das Aachener Sinfonieorchester dar. Nur zwei Tage nach der kräftezehrenden Lohengrin-Premiere gingen die Musiker hellwach und hochengagiert an ihre Arbeit.

Dass das Orchester in Tower 7 etwas trocken klang, passte gar nicht schlecht zum Schwarz-Weiß-Erlebnis. Besser jedenfalls als allzu ausladende sinfonische Opulenz, auch wenn Arrangeur Arthur Johnson nicht mit pikanten Klangeffekten geizt. Und somit darf man sich nicht nur auf zukünftige Projekte dieser Güteklasse freuen, sondern auch auf die Wiederholungen der „City Lights” im Aachener Theater am 26. und 27. Februar (jeweils 20 Uhr).