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Aachen: Frisches Trinkwasser für Tsunami-Opfer

Aachen : Frisches Trinkwasser für Tsunami-Opfer

Sven Baumgarten und Carsten Charwath waren mittendrin in der Szenerie, die die meisten nur aus dem Fernsehen kennen. Sie brachten im Januar, kurz nach der Flutkatastrophe in Südasien, eine Trinkwasseraufbereitungsanlage von Aachen nach Sri Lanka, wo sie seitdem Tausenden Menschen das Überleben sichert.

Am 2. Weihnachtstag waren die beiden Mitarbeiter des Instituts für Siedlungswasserwirtschaft (ISA) der RWTH Aachen so geschockt wie alle anderen, die mit den Bildern der Flutkatastrophe konfrontiert wurden. Mit einem Unterschied. „Uns war gleich klar, dass wir helfen könnten”, erinnert sich Baumgarten. Ihr Institut beherbergt nämlich eine Trinkwasseraufbereitungsanlage, die zwar bislang nur im Testbetrieb gelaufen war, aber durchaus gute Dienste leisten könnte.

Davon wusste auch der Aggerverband, der in Kooperation mit dem Auswärtige Amt nach solchen Anlagen Ausschau hielt, um möglichst schnell in den Katastrophengebieten Hilfe leisten zu können. Die rund zwei Tonnen schwere und drei Meter hohe Versuchsanlage wurde am 11. Januar zusammen mit einem Hilfstransport des „Friedensdorf International” nach Sri Lanka geflogen. Baumgarten, der „kurzfristig und unbürokratisch” von der Hochschule frei gestellt wurde, begleitete den Transport. Sein Kollege Carsten Charwath kam ein paar Tage später nach.

Auf der Insel machten der Ingenieur und die übrigen Helfer - zusammen hatten sie an die 70 Tonnen Hilfsgüter im Gepäck - erst einmal Bekanntschaft mit den politischen Verhältnissen in Sri Lanka. Trotz der ungeheuren Zerstörungen an der Ostküste und des weit verbreiteten Notstands erkannten weder die Singhalesen im Süden, noch die Tamilen im Norden die Dringlichkeit des Transports: An den Grenzübergängen musste sämtliches Material abgeladen werden, „und zwar auf beiden Seiten”, schüttelt Baumgarten noch heute den Kopf.

Riesige Müllhalde

Auch Charwath erinnert sich Stirn runzelnd: „Da wird man dann komplett gefilzt von einem 14-jährigen in Uniform. Wir hatten noch Glück, dass ein Mitglied des Parlaments dabei war”, sagt Baumgarten: Der half, wenigstens die gröbsten Hürden aus dem Weg zu schaffen.

Die Anlage wurde in den äußersten Nordosten Sri Lankas gebracht, wo sich den Aachenern bald ein Einblick in das Ausmaß der Katastrophe bot: In den Küstenorten sahen sie „Menschen, die ihre letzten Habseligkeiten aus den Trümmern fischten. Dabei war eigentlich nichts mehr davon brauchbar”. Die Überlebenden, in dieser Gegend nur rund 40 Prozent der Anwohner, waren in provisorischen Camps untergebracht, nachdem ihre Dörfer von der Flutwelle einfach ausgelöscht worden waren. Baumgarten: „Von den Mauern ihrer Häuser standen nur noch die Fundamente. Alles sah aus wie eine riesige Müllhalde.”

Flüchtlingscamp

Mit Hilfe von Einheimischen und Mitarbeitern des Aggerverbandes bauten sie die Trinkwasseraufbereitungsanlage des ISA fünf Kilometer landeinwärts in unmittelbarer Nachbarschaft der Flüchtlingscamps auf. Als Standort wählten sie ein ehemaliges Militärlager: „Rundherum war ein kleiner Wall, den wir auf keinen Fall überschreiten durften”, erinnert sich Charwath: „Dahinter war alles komplett vermint.” Trotz der verschärften Bedingungen konnten sie die Anlage am 22. Januar in Betrieb nehmen. Nach anfänglichen Problemen lief das Gerät bald reibungslos und macht seither jede Stunde aus Dreckbrühe 2500 Liter trinkbares Wasser. Und zwei Aachener Ingenieure freuen sich, dass sie helfen konnten.