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Aachen: Fertig „Der Seelenbrecher“: Psychothriller von Sebastian Fitzek im Grenzlandtheater

Aachen : Fertig „Der Seelenbrecher“: Psychothriller von Sebastian Fitzek im Grenzlandtheater

Die Situation ist im Genre „Psychothriller“ geradezu klassisch: Eine zufällig zusammengewürfelte Gruppe mehr oder weniger seltsamer Personen ist von der Außenwelt abgeschlossen — Schneesturm, kaputte Telefonleitung, einsame Lage. Bei Sebastian Fitzeks Stück „Der Seelenbrecher“, das im Grenzlandtheater Aachen Premiere hatte, kommt noch eine Steigerung dazu.

Das komplett durch metallene Fensterläden verbarrikadierte Haus ist eine psychiatrische Klinik mit dem vertrauenerweckenden Namen „Teufelsberg“. Dramaturgin und Regisseurin Anja Junski hat den Thriller des erfolgreichen deutschen Autors, Jahrgang 1971, in ihrer klaren Art analysiert und als turbulente, spannungsgeladene Unterhaltung auf die Bühne gebracht.

Es beginnt ganz langsam, ein bisschen skurril, aber friedlich. Die (echten!) Kerzen am Adventskranz werden angezündet, ausgepustet, angezündet. Seniorin Greta Kaminsky, herrlich neugierig im Miss-Marple-Stil von Jutta Schmidt gespielt, plaudert mit dem grüblerischen Kaspar (Tom Hübsch), dem Mann ohne Gedächtnis.

Nach und nach lernt das Publikum alle kennen — den rechthaberischen Professor Raßfeld (Berthold Schirm), den frechen, Sprüche klopfenden Rettungssanitäter Tom (Philip Schlomm), die flotte Ärztin Dr. Dorn (Cynthia Thurat), die rebellische Krankenschwester Yasmin (Lea Fleck), den gutwilligen Hausmeister Bachmann (Fabio Piana) und Dr. Jonathan Bruck (Carlos Garcia Piedra), der ein paar dramatische Auftritte hat, aber nahezu sprachlos bleibt, nachdem er ein Taschenmesser etwas zu tief in seinem Hals gesteckt hat. Ein bisschen „Gurgeln“ geht noch, nutzt aber nichts.

Sie alle sind in Panik, denn ein rätselhafter Psychopath, der „Seelen bricht“, ist laut Polizeimeldung unterwegs. Frauen verschwinden. Tauchen sie wieder auf, stecken sie psychisch in einer Art Wachkoma fest, erscheinen gebrochen und verzweifelt.

Eigenartige Charaktäre

Anja Junski gelingt es mit ihrem Ensemble, die Spirale aus Angst und Verdächtigungen bis zum schrecklichen Punkt der Erkenntnis zu drehen. Das Stück nimmt Tempo auf, man verdächtigt einander, es kommt zu immer heftigeren Ausrastern.

Wer ist denn nun der Seelenbrecher? Er müsste im Haus sein, das man nicht mehr verlassen, aber auch nicht von außen betreten kann. Vielleicht der Professor? Nein, der liegt irgendwann in der Kühlkammer der hauseigenen Pathologie. Aber da bleiben noch ein paar Leute übrig, die ganz schön eigenartig sind.

Die sich kontinuierlich aufbauende Spannung sowie die intensive Zeichnung jedes einzelnen Charakters macht diese Inszenierung sehenswert, wobei die Akteure den Mut zur Überzeichnung beweisen. Das Bühnenbild von Tom Grasshof mit seinen leicht psychedelischen Rosa-Lila-Farbtönen bietet Raum für panisches Hin- und Her-Rennen, aber auch für die Bibliothek, die noch eine Funktion haben wird.

Grasshof hat die Personen zudem typgerecht angezogen. In ihrer Regie setzt Anja Junski auf Schreckmomente — nach Thrillerprinzip.

Grusel bei der Spritze

Die Zuschauer fahren erschrocken zusammen, wenn der stumme Dr. Buck mit blutigen Fingern an der Glasscheibe abrutscht, die den Blick vom Flur in die Bibliothek öffnet, wenn Rettungssanitäter Tom herumbrüllt und wenn ein paar bedrohliche Injektionsspritzen ins Spiel kommen — spätestens da gruselt es sicherlich so manchem.

Alles spitzt sich zu, man lernt nebenbei etwas über Hypnosemöglichkeiten, die missbraucht werden können, über Behandlungen, die schiefgehen können, über Menschen, in denen man sich täuschen kann — massiv.

Aber nein, hier wird nicht verraten, wie die Geschichte ausgeht und wer sich schließlich als Seelenbrecher entpuppt. Es öffnet sich damit eine tragische Story, die etwas mühsam daherkommt. Das kann die Regie nicht ändern, denn man soll ja verstehen, warum das Unheil so hochkocht.

Insgesamt ein spannender, geschickt aufgebauter Abend, 100 Minuten ohne Langeweile. Das Publikum ist begeistert und applaudiert entsprechend.