Aachen : Dürer-Schatz wird mit Studenten-Hilfe gehoben
Aachen Schätze gibt es genug, man muss sie nur zu heben wissen: Das Aachener Suermondt-Ludwig-Museum hat sich dank seiner Mitarbeiterin Dagmar Preising an solch verborgene Kostbarkeiten erinnert und stellt sie nach zweijähriger Vorbereitungszeit demnächst in ihrer ganzen Pracht und Schönheit vor.
90 hauseigene originale Druckgrafiken von Albrecht Dürer, frisch restauriert und umfassend aufgearbeitet, dazu 30 alte Kopien und 20 weitere wertvolle Leihgaben aus dem Düsseldorfer museum kunst palast, dem Frankfurter Städel und dem Kölner Wallraf-Richartz-Museum.
„Albrecht Dürer - Apelles des Schwarz-Weiß” heißt die vom 20. November bis 23. Januar 2005 dauernde Schau, die begleitet wird von einem äußerst umfangreichen und vielseitigen museumspädagogischen Programm, gezielt abgestimmt auf Kinder wie Erwachsene. Freunde handgeschöpften Papiers finden ebenso Angebote wie Menschen mit Faible für alte Drucktechniken.
Ohne eine ganze „Crew” aus zahlreichen freien Mitarbeitern, Kunstgeschichte- und Design-Studenten der RWTH und der Fachhochschule Aachen, die momentan im Hause „wirbeln”, wäre das Mammutunternehmen gar nicht möglich gewesen.
Die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Museum ist verschiedensten Praktika und Seminaren erwachsen. Von der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Grafiken über die Entwicklung des Publikationsdesigns bis hin zum Entwurf der Ausstellungsarchitektur reicht das daraus resultierende gemeinsame Kooperationsprojekt „Dürer”, von dem alle Beteiligten gleichermaßen profitieren.
Erstmals überhaupt wird der 1878 von betuchten Aachener Bürgern gestiftete Dürer-Block des Museums zusammenhängend präsentiert - in der großen Halle und vier weiteren Räumen. Im Mittelpunkt stehen die drei Hauptzyklen „Apokalypse”, „Marienleben” und „Kleine Passion”, denen die Studenten eine besonders pfiffige Präsentationsform gönnen.
Dabei nahmen sie Dürers intensive Beschäftigung mit Fragen der Mathematik und der Geometrie bei der Wahl der Ausstellungsarchitektur auf: Drei „Archimedische Körper”, wie sie immer wieder auf Dürer-Blättern auftauchen, beherrschen die große Halle - Körper, bei denen alle Kanten gleich lang sind, und sich an jeder Ecke gleich viele Kanten treffen.
Man kann hineingehen und hier die aufgehängten Blätter betrachten - wer will, durch eine von 15 Lupen, die der ortsansässige Optiker Heiliger gestiftet hat. Einer von zahlreichen Sponsoren, durch die das Projekt eine breite Unterstützung findet - kein Wunder bei der Faszination, die Dürers Arbeiten bis heute hin ausstrahlen.
Ganz ohne Farbe
Erasmus von Rotterdam war es, der dem Nürnberger Goldschmiedssohn den Beinamen eines „zweiten Apelles in Schwarz-Weiß” verlieh - in Erinnerung an den hochgerühmten Hofmaler Alexander des Großen, wie Dagmar Preising erläutert. Der allerdings bedurfte der Farbe, um all das an Detailreichtum zum Ausdruck zu bringen, wozu Dürer allein das kunstvolle Geflecht schwarzer Linien von Holzschnitt und Kupferstich benötigte.
„Dürer war der erste autonome Künstler, der unabhängig von Aufträgen eigene Themen und Techniken entwickelte”, spricht Dagmar Preising bewundernd über ihren „Schützling”, der als erster Künstler nördlich der Alpen die Zentralperspektive eingeführt hat.
Viele berühmte Einzelblätter wie „Ritter, Tod und Teufel”, „Das Männerbad”, „Vier nackte Frauen”, „Die vier Hexen”, „Adam und Eva” - pralle Figuren, in den Proportionen geradezu konstruiert und vermessen - zählen zu den Höhepunkten der Ausstellung und beweisen die überragende Fertigkeit dieses künstlerischen Universalgenies.
Sämtliche Blätter wurden eingehend restauriert und datiert von Ulrike Villwock und dem zusätzlich herangezogenen Kasseler Experten Hans Hilsenbeck. Dabei galt es, manches Wurmloch in Dürers Holzstöcken von beabsichtigten Punkten zu unterscheiden.
Die Schau ermöglicht es, unterschiedliche Abzüge aus verschiedenen Zeiten von ein und demselben Druckstock direkt zu vergleichen - eine hochinformative und zugleich sehr publikumswirksame Ausstellung, die den Kunstfreund hier erwartet.