Mönchengladbach : Drei Zombies geistern munter durch die komische Oper
Mönchengladbach Albert Lortzing hat Opern geschrieben, die wegen ihrer schlichten Handlungen, eingängigen Melodien und ihres ungebrochenen Unterhaltungswerts gern als Vormärzoperetten bezeichnet werden. „Zar und Zimmermann” ist so ein bezaubernd einfältiges Stück Musiktheater voller Evergreens und einer heimlichen Hauptrolle: der des depperten Bürgermeisters van Bett.
In Mönchengladbach ist dieses Unikum bei Christoph Erpenbeck bestens aufgehoben, er fuchtelt raumgreifend mit beiden Armen in dem Chaos herum, das er selbst angezettelt hat, tönt, wie klug und weise er sei, und kriegt doch fast nichts mit von dem Verwirrspiel der beiden Peter, die sich inkognito auf einer Werft im niederländischen Saardam herumtreiben. Einer ist der Zar von Russland, der andere ein smarter Schürzenjäger.
Erpenbeck fehlt zwar das tiefe Bassregister zur stimmlichen Vollkommenheit, aber er fügt sich bestens ein in eine Ensembleleistung, die musikalisch durchaus hörenswert erscheint. Und das ist umso bemerkenswerter, da Lortzings Biedermeiermusik gerade in den großen Ensembles, den vielen gebrochenen Chorpartien äußerst empfindlich auf Ungenauigkeiten reagiert. Kenneth Duryea steuert vom Pult aus die Niederrheinischen Sinfoniker und die Sänger federnd frisch und äußerst präzise. In Mönchengladbach ist nicht alles Gold, aber die Musik macht trotzdem Freude.
Verdrießlicher stimmt schon die Inszenierung, für die Michael Sturm eine Mischung aus Klischee, Mottenkiste und Gruselkabinett aufs Tapet bringt. Wenn die Bühne (Stefan Rieckhoff) nicht gerade von Schiebewänden zugestellt ist, die ein Seestück in Blau zeigen, sieht man ein Seestück in Blau, nur eben drumherum. Hier agiert meistens der Chor, gern auch auf Holzschuhen und mit ganz vielen Frau Antje aus Holland, die Schürzen ziert Delfter Kachelmuster.
Die Untoten kommen
Als Alleinstellungsmerkmal des Regieteams werden nebst einem goldbekrönten Zarenknaben drei Untote in die Aufführungsgeschichte von Lortzings komischer Oper eingehen, die, nachdem ihnen während der Ouvertüre die Gurgel durchschnitten wurde, immer mal wieder zwischen Stühlen oder den Gräten eines Schiffsrumpfes herumgeistern. Da weht Weltgeschichte in die Provinz.
Stefan Heidemann als Zar vertritt in der Premiere den erkrankten Michael Kupfer äußerst respektabel, besonders herzlicher Applaus gilt dem Tenor Kairschan Scholdybajew, der nach schwerer Krankheit wieder auf der Bühne angekommen ist. Erfreulich auch das junge Paar Luis Lay (Zimmermann-Peter) und Debra Hays (Marie). Die beiden kriegen sich am Ende natürlich, da ist der Zar samt Zombie-Anhang schon auf hoher See ganz hinten im Parkett.
Oper „Zar und Zimmermann” von Lortzing im Theater Mönchengladbach, Am Nordpark 299. Weitere Vorstellungen: 22. Oktober, 3., 12., 24., 30. November; 3., 7., 12. Dezember; 15., 20. Januar; 12. Februar; 20. März; 2. April; 12., 29. Mai, 20 Uhr.