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Aachen: Drei grandiose Choreographien beenden das 18. Schrittmacher-Festival

Aachen : Drei grandiose Choreographien beenden das 18. Schrittmacher-Festival

Athletische Körper in klassischen Posen, Spaß und Spielwitz mit Tänzerinnen und Tänzern, denen man das Vergnügen in jedem Moment ansieht, bewegte Poesie in höchster Vollendung. Mehr kann man sich vom Abschluss eines Tanzfestivals kaum wünschen, das wie „Schrittmacher“ in der Aachener Fabrik Stahlbau Strang auch mit seiner 18. Ausgabe den aktuellen internationalen Entwicklungen im Modern Dance eine technisch rundum perfekt betreute Bühne bot.

Das Phoenix Dance Theatre, gegründet 1981 in Leeds, hatten sich Festivalleiter Rick Takvorian und Mitarbeiterin Stefanie Gerhards (beide Kulturbetrieb Aachen) als sicheren Trumpf bis zum letzten Tanzwochenende in Aachen aufgehoben. Phoenix gehört zu den wichtigsten und innovativsten Kompanien Großbritanniens, und das bewies sie.

Für „Schrittmacher“ wurden drei Choreographien ausgewählt. Zwei kleine Pausen sorgten für den richtigen Abstand zueinander, denn „Signal“, „Maybe Yes Maybe No Maybe“ und „Melt“ sind sehr unterschiedliche Stücke, die jedoch etwas in sich vereinen: die Leistungsfähigkeit und die künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten eines besonderen Ensembles.

Streng und ernst startet „Signal“, eine Arbeit von Henri Oguike, dessen eigene Company das Festival in Aachen eröffnet hatte. Phoenix setzt Oguikes Bilder in einer tänzerischen Klarheit um, die von den scharfen wechselnden Rhythmen der japanischen Taiko-Trommeln geradezu eingefordert wird. Die roten Trikots der Akteure sind dunkel geflammt, es gibt große Soli und intensive Aktionen zu zweit und zu dritt oder in der Gruppe.

Das Ganze hat die hypnotische Feierlichkeit eines spannenden Rituals — vielleicht vor einem Kampf oder zur Suche nach einem finsteren Herrscher.

Bei „Maybe“, das Aletta Collins choreographiert hat, erwarten den Zuschauer 20 überraschende Minuten Modern Dance. Am langen Kabel baumelt ein Live-Mikrofon über der Tanzfläche, das jeder erhaschen will, um beim Ton-Angeben mitzuwirken. Ob Schrei, Klatscher, Fliegensurren oder Schmatzer — alles wird elektronisch angesaugt, verstärkt und in den starken Grundsound einbezogen. Tänzerinnen und Tänzer lassen sich von den Geräuschen „überrollen“ und treiben, konkurrieren miteinander, jagen einander und raufen im kleinen Lichtkegel.

Die Eleganz von „Melt“, einer Arbeit von Sharon Watson, der künstlerischen Leiterin der Phoenix Dance Company, kündigt sich bereits durch edle weiße Kostüme an, die Azurra Ardovini, Antonio Borriello, Glenn Graham, Sandrine Monin, Phil Sanger, Vanessa Vince-Pang und Josh Wille wie die Mitglieder einer Meditationsgruppe erscheinen lassen, die aus der kühlen Realität in eine Welt aus Licht eilen.

Große schwarze Schlingen hängen an festen Seilen über der Bühne, auf der nun die Company gekonnt Luftakrobatik mit klassisch geprägtem Modern Dance zur perfekt ausgewählten Musik von „Wild Beasts“ vollführt. Mit atemberaubender Leichtigkeit erheben sich immer wieder zwei aus der tanzenden Gruppe, um in großer Geschwindigkeit den riskanten Flug über die anderen zu wagen. So entstehen im raschen Wechsel Bilder von außergewöhnlicher Schönheit. Schwerstarbeit, Körperbeherrschung und zirkustaugliche Leistungen, die völlig mühelos wirken. Euphorischer Applaus, der gar nicht enden will, für einen besonderen Abend.