Aachen : Dina Yoffes spätes Debüt in der Wahlheimat Aachen
Aachen „Das ist wie bei gutem Wein“, sagt Dina Yoffe. Der müsse ja auch reifen. Seit über 15 Jahren wohnt die bekannte lettische Pianistin schon in Aachen. Aber zu einem Konzert mit dem hiesigen Sinfonieorchester war es bisher noch nie gekommen.
Jetzt hat Generalmusikdirektor Kazem Abdullah die viel beschäftigte Musikerin einfach mal gefragt — und sie freut sich über ihr Debüt beim ersten Sinfoniekonzert der Saison: „Besser spät als nie!“ Auch wenn ihr Mann, der ebenso bekannte Geiger Michael Vaiman, trocken anfügt: „Das ist schon guter Cognac!“
Vaiman ist zum Pressegespräch direkt mal mitgekommen. Er ist seit 1999 Professor an der Aachener Musikhochschule — und somit auch der Grund für die Wahlheimat seiner Ehefrau. Man kann die beiden öfter als Duo erleben, auch auf der Konzertbühne, aber selten in Aachen.
Doch erst vor einem halben Jahr wurden sie im Krönungssaal gefeiert, als Dina Yoffe beim Accordate-Konzert ihres Mannes einsprang. Kein Problem, sie verstehen sich blind. Seit mehr als 40 Jahren sind sie verheiratet, und mindestens so lange spielen sie auch schon zusammen.
Aber mit weltweit 40 bis 50 Konzerten im Jahr verfolgt Dina Yoffe auch ihre Solo-Karriere. Wobei: Das Wort „Karriere“ mag die Pianistin nicht. Ebenso wenig wie das Wort „Star“. Die verglühen auch schnell, meint sie.
Dagegen leuchtet ihr Können schon Jahrzehnte: geboren in Riga, ausgebildet am Moskauer Konservatorium, mit 22 Jahren Gewinnerin des Chopin-Wettbewerbs, nur „eingeschlossen in der Sowjetunion“ habe sie dann leider keine Chance gehabt, im Ausland zu spielen.
Von ihren Lehrjahren plant sie, in einer Biografie zu erzählen, weiter konzertieren will sie, solange Gott und Gesundheit es zulassen. Casals zum Beispiel habe ja mit über 90 noch Cello gespielt. Dann hätte sie noch ein paar Jahrzehnte. „Aber der hatte eine junge Frau“, gibt sie lachend zu bedenken — mit Blick auf ihren glatzköpfigen Mann.
Ihre Erfahrungen gibt Dina Yoffe in Meisterklassen und Wettbewerben weiter. Beim Nachwuchs vermisst sie manchmal eine seriöse Auseinandersetzung mit Klang und Struktur der Musik oder der Intention des Komponisten. Studenten klicken oft die Online-Videoplattform Youtube an und versuchen sich an einer Kopie, bevor sie die Noten lesen, klagt sie.
Und der Jugendwahn der Klassikszene? „Na ja, es gibt solche und solche“, meint sie, aber schon einige junge Pianistinnen, die sich im knappen Kleid wie im Pop-Business fühlen. Zudem sei heute der Trend: „Hauptsache schnell und laut“.
Dem will sie mit Schumanns Klavierkonzert in Aachen nicht folgen. Also: kein „Porsche-Speed“, keine ausgestellte Virtuosität. Es ist „wunderbare Musik“, und „langsam und leise zu spielen, ist viel schwieriger“.
Seit mehr als 40 Jahren spielt sie dieses beliebte Konzert schon. Klar, auswendig. Mit trockenen Fingern, aber klopfendem Herzen wird sie erstmals das Podest im Eurogress betreten. Vorher bügelt sie zu Hause vielleicht noch ein bisschen, zur Entspannung.
Dann geht‘s an den Steinway-Flügel. Gut eine halbe Stunde wird ihre Interpretation dauern. Man könne sich das schon mal anhören. Dina Yoffe lacht. „Steht auf Youtube!“