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„Der Rosenkavalier“ begeistert in Bonn

Gelungener Saisonstart mit dem „Rosenkavalier“ : Die Bonner Oper ist weiter auf Höhenflug

Mit dem „Rosenkavalier“ startet die Bonner Oper zum Saisonstart durch: Es ist eine der schönsten, menschlichsten und anrührendsten Produktionen des viel gespielten, aber oft entstellten Werks.

Ihren Höhenflug setzt die Oper Bonn zum Auftakt der neuen Saison mit einer musikalisch wie szenisch gleichermaßen überzeugenden „Rosenkavalier“-Neuinszenierung fort. Generalmusikdirektor Dirk Kaftan und Regisseur Josef Ernst Köpplinger, Intendant des Münchner Gärtnerplatztheaters, gelingt es, den melancholisch-morbiden Hauch des 1911 uraufgeführten Werks von Richard Strauss spürbar werden zu lassen, ohne den äußerst feinfühlig dosierten Humor zu vernachlässigen.

Auf diesem Niveau ergibt es Sinn, die Handlung in die dekadent angerauten Anfangsjahre des 20. Jahrhunderts zu verlegen. Johannes Leiacker fasst die Bühne mit einer geschlossenen Front blinder Fenster ein. Eine Kulisse, die in den letzten beiden Akten zugleich als Projektionsfläche für ein großes barockes Vanitas-Gemälde dient und damit die Vergänglichkeit der Epoche, aber auch der menschlichen Beziehungen andeutet. Dennoch gelingt es Köpplinger, den heiter-gelassenen Grundton des Stücks zu sichern. Gipfelnd im Schlussbild, als Sophie und Octavian inmitten eines malerischen Schneegestöbers ihr Glück finden. Doch auch hier erinnert die Winterlandschaft an die Zerbrechlichkeit des Glücks, wie es die Marschallin wenige Minuten zuvor erfahren musste.

Viele junge Sänger

Köpplinger verzichtet auf aufgesetzten Aktionismus und Kalauer jeder Art. Das Ergebnis ist eine sehr menschliche Darstellung der Figuren. Die positiven Protagonisten, allen voran die Marschallin und Octavian, werden nicht glorifiziert, und der ungalante Baron Ochs von Lerchenau darf seine Würde behalten. Er muss nicht poltern und krakeelen, sondern erregt in Bonn als ein aus der Zeit gefallener Fremdling in einer höfischen Welt, die an die ethischen Ideale, die sie predigt, längst nicht mehr glaubt, mehr Empathie als Spott.

Erfreulich, dass ein so rollen-erfahrener Sänger wie Franz Hawlata, der den Ochs schon vielfach als Poltergeist denunzieren musste, das psychologisch feine Konzept Köpplingers nahezu ideal mitträgt. Darstelle­risch wie gesanglich. Erfreulich auch, dass die restlichen Hauptrollen mit überwiegend jungen, teilweise sehr jungen Kräften besetzt werden. Allen voran Emma Sventelius als Octavian mit ihrem frischen, modulationsreichen Mezzo und Louise Kemény als blutjunge Sophie mit wunderschönen Höhenflügen in zartesten Piano-Tönen.

Jugendliches Charisma strahlt auch Martina Welschenbach als Marschallin aus, die über eine so tragfähige Stimme verfügt, dass sie die filigranen Nuancen der anspruchsvollen Partie vorbildlich und nahezu ohne Anstrengung zum Ausdruck bringen kann. Und selbst der unglückliche Schwiegervater Faninal präsentiert sich in der impulsiven Darstellung von Giorgos Kanaris als ein Mann in den besten Jahren.

Dirk Kaftan am Pult des Bonner Beethoven-Orchesters holt aus der Partitur nahezu alles an fein gemischten Klangschattierungen, verhaltener Melancholie und jugendlichem Aufschwung heraus, was im Rahmen des Bonner Theaters möglich ist.

Begeisterter Beifall für eine der schönsten, menschlichsten und anrührendsten Produktionen des viel gespielten, aber oft entstellten Werks.

Weitere Aufführungen: 12., 27. Oktober, 1., 14. November, 6., 15. und 26. Dezember. Karten gibt es beim Kundenservice des Medienhauses Aachen.