Berlin : Der Graf schließt Solokarriere aus
Berlin Höher kann man die Erwartungen kaum schrauben. „Für mich sind die neuen Stücke dieses Albums die besten Songs, die ich je geschrieben habe. Das sagt mir mein Herz”, kündigt der Graf schon an, bevor das neue Album „Gipfelstürmer” an diesem Freitag (12. Dezember) veröffentlicht ist.
Drei Jahre mussten die Fans auf ein neues Studio-Album von seiner Band Unheilig warten - und jetzt soll es nicht nur das Beste, sondern auch das Letzte sein. Im Oktober gab der Sänger und Songschreiber der Band in einem Offenen Brief den Abschied von der Bühne bekannt.
„Ich möchte keine einzige Minute meines Weges missen und ich bin stolz auf das, was passiert ist”, sagt der Graf der Deutschen Presse-Agentur. Doch jetzt konzentriert sich der Musiker aus Aachen wieder mehr auf die Familie. Mehr als das weiß er noch nicht. „Es gibt bisher nur einen Plan, nämlich den, dass ich keinen Plan habe.” Ausschließen könne er aber zu Hundert Prozent einen Rücktritt vom Rücktritt.
Bevor die Kunstfigur mit dem schwarzen Gehrock und einem eckigen Bart an jeder Kinnseite von der Bühne tritt, verabschiedet er sich mit viel Gefühlvollem von den Fans. Sie können sich bei „Gipfelstürmer” auf die gewohnt dominante und einprägsame Stimme des Grafen freuen. Und: Er gibt in seinen Texten mehr Autobiografisches preis als je zuvor.
„In fast jedem Song steckt ein Stück meines Lebens. Wer meine Texte kennt, der kennt mich besser als viele Menschen aus meinem Privatleben”, sagt der Graf, der weder seinen Namen noch sein Alter verrät. In „Alles hat seine Zeit” verarbeitet der Graf seine Erfahrungen mit dem Tod, in „Held für einen Tag” geht es um Selbstbewusstsein.
Besungen wird wieder ein bunter Mix an Gefühlen: die Hoffnung, Ängste, Träume, Liebe, Glück - und eben der Abschied. Bereits die erste Single-Auskopplung „Zeit zu gehen” ist ein erstes Good-Bye und drückt auf die Tränendrüse: „Jede Erinnerung ist zu wertvoll/ Um nur aus Stolz kein Ende zu sehen”, singt der Graf mit seiner dunklen Stimme. „Es ist Zeit zu gehen/ Wir danken Euch für all die Jahre/ Auch wenn es weh tut/ Ist es Zeit für uns zu gehen/ Wenn es am schönsten ist”.
Musikalisch fühle sich „Gipfelstürmer” „extrem reif und harmonisch an”, meint der Graf. Vieles klingt nach solidem Radio-Pop mit dezentem Gothic-Touch. Einiges hat so viel Wumms („Hinunter bis auf Eins”, „Goldrausch”), dass man dazu bei laut aufgedrehter Anlage im Keller abrocken kann. Und manchmal klingt es sogar ein bisschen nach Schlager, wie bei „Glück auf das Leben”. Gute Chancen, den Gipfel der Charts zu erklimmen, hat das Album bei der großen Fangemeinde sicherlich. Allerdings ist es wenig überraschend.
15 Jahre lang sind Unheilig den steinigen Weg vom Tal bis zum Gipfel gegangen. Und haben es von einer unbekannten Gothic-Band an die Spitze der Charts geschafft. „Ich durfte so viel Ereignisse erleben, was ich niemals vorher auch nur zu träumen gewagt hatte”, sagt der Graf - und hört auf, wenns am schönsten ist.