Köln : Der direkte Draht zum Papst: Meisner wird 75
Köln Eigentlich hatte der Kölner Erzbischof Kardinal Joachim Meisner in den Ruhestand gehen und ins Bergische Land ziehen wollen, wo er wandern, Bücher schreiben und sich einen Hund halten könne. Doch daraus wird vorläufig nichts.
Am ersten Weihnachtstag feiert Meisner seinen 75. Geburtstag. Wie im Kirchenrecht vorgesehen, hatte er aus diesem Anlass bereits am 14. September Papst Benedikt XVI. den Rücktritt angeboten. Doch das Oberhaupt der Katholiken denkt nicht daran, seinen loyalen Wegbegleiter in Rente zu schicken.
Im Gegenteil, in einer soeben veröffentlichten Festschrift zu Meisners Geburtstag findet Benedikt VXI. ungewöhnlich persönliche Worte für den Kardinal: „Wenn ich daran denke, wie lebendig und dynamisch Du im Leben der Kirche und der Welt von heute stehst, dann fällt mir schwer zu glauben, dass Du an diesem Weihnachtsfest Deinen 75. Geburtstag begehst.” Meisner habe „Furchtlosigkeit und Demut” gezeigt, was ihm sowohl schmerzliche Angriffe als auch Respekt eingebracht habe.
Meisner war sichtlich gerührt: „Ich bin wirklich überrascht. Das hat mich sehr bewegt.” Damit wird er den Kölnern bis auf weiteres erhalten bleiben: „Solange ich die Kraft dazu habe, will ich es tun.”
Im Februar steht der 20. Jahrestag von Meisners Amtseinführung als Erzbischof von Köln an. Papst Johannes Paul II. hatte den damaligen Berliner Bischof gegen den erklärten Willen des vorschlagsberechtigten Kölner Dom-Kapitels an den Rhein geholt. Seitdem sorgt Meisner regelmäßig mit pointierten Aussagen für Furore. So äußerte er sich zu der wegen fehlendem Gottesbezug angeblich „entarteten” Kultur, stellte eine Verbindung zwischen den Massenmorden von Hitler und Stalin und Abtreibungen her und hätte das viel beachtete neue Dom-Fenster von Gerhard Richter lieber in einer Moschee gesehen.
Auch im Jahr 2008 meldete sich Meisner wiederholt zu Wort. Unter anderem rügte er zu hohe Managervergütungen als „Verstoß gegen die guten Sitten” und betonte die Bedeutung starker Gewerkschaften. Unerfreulich fand die Bundes-CDU die Ansichten des Kardinals zum Zustand der Christdemokraten. Diese entwurzelten sich „bei christlich denkenden Menschen zunehmend selbst”, fand Meisner und fügte hinzu: „Beim derzeitigen Zustand der Parteien gibt es keine, die uns besonders nahe steht.”
Auch auf dem Feld der Außenpolitik versuchte sich der Kardinal, als er vom türkischen Ministerpräsident Erdogan ebenso vehement wie vergeblich die Einrichtung eines christlichen Pilgerzentrums in der türkischen Stadt Tarsus, dem Geburtsort des Apostels Paulus, forderte.
In seinem Bistum musste sich der Kardinal vor allem mit dem Meckenheimer Pfarrer Michael Jung auseinandersetzen. Dieser wurde seines Amtes enthoben, weil er die obligatorische Visitation, also einen offiziellen Besuch durch einen Weihbischof, verweigert haben soll. Auch soll er kirchliche Mitarbeiter zur Illoyalität gegenüber dem Erzbistum ermutigt haben. Jung bestreitet die Vorwürfe und fechtet seine Amtsenthebung vor dem römischen Kirchengericht an. Offensiv ging der Kardinal mit den Missbrauchs-Vorwürfen gegen einen inzwischen verstorbenen Pfarrer aus Bergisch Gladbach um. Auf seine Anweisung hin wurde der Vorgang in der Sonntagsmesse und per Kirchenaushang öffentlich gemacht, den inzwischen erwachsenen Opfern qualifizierte Hilfe angeboten.
Ungewohnt privat zeigte sich der Kardinal in dem Buch „Die Fürstin und der Kardinal - Ein Gespräch über Glauben und Tradition” (Herder Verlag), das er 2008 gemeinsam mit Gloria Fürstin von Thurn und Taxis veröffentlichte. Dort gestand Meisner, als junger Mann einige Male heftig in hübsche Mädchen verliebt gewesen zu sein. Zudem räumte er ein, dass sich die monatliche Beichtpflicht mitunter nur mühsam mit seinem Terminkalender vereinbaren lasse. Immerhin fühlt sich Meisner in Köln inzwischen so wohl, dass er am Rhein auch seine letzte Ruhe finden will: „Mein Fleisch und meine Knochen bleiben hier”, erklärte er bereits im Sommer.