1. Kultur

Aachen: Cellist bietet Fest ungetrübter Schönheit

Aachen : Cellist bietet Fest ungetrübter Schönheit

Nicht zum ersten Mal war das Nederlands Philharmonisch Orkest in Aachen zu Gast in der Reihe der Meisterkonzerte, nunmehr unter der Leitung seines neuen Chefdirigenten Yakov Kreizberg.

Das rein romantische Programm mit Werken von Carl Maria von Weber, Robert Schumann, Max Bruch und Johannes Brahms war Garant für ungeteilten Publikumszuspruch im Eurogress. Dass weniger Orchester und Dirigent, sondern der Cellist Alban Gerhardt, Solist in Schumanns Cellokonzert, zum Star des Abends wurde, war die eigentliche Überraschung.

Das Orchester aus der niederländischen Metropole Amsterdam fand erst im Verlaufe des Abends zu seiner gewohnten und erwarteten Form. Der Pianissimo-Anfang von Webers Freischütz-Ouvertüre klang ziemlich grob, die berühmte Hörner-Stelle, Inbegriff deutscher Waldromantik, verunglückte total, der Gesamtapparat mit seiner riesigen Streicherbesetzung steigerte sich erst allmählich zu einem runden und kultivierten Gesamtklang.

Um so mehr empfand der Hörer den Ton von Alban Gerhardts Instrument bei der Wiedergabe von Schumanns Cellokonzert als Offenbarung. Auch wer dieses Konzert nicht zu den inspiriertesten und geglücktesten Werken des Komponisten zählt, musste vor dem makellosem Cellospiel des jungen Deutschen kapitulieren.

Ein Ereignis

Sein wunderbar warmer, sonorer und tragfähiger Ton, seine lupenreine Intonation, seine ausgefeilte Bogentechnik und die Intensität und Differenziertheit seines Spiels machten die Wiedergabe des Soloparts zu einem Ereignis. So wurde denn zwangsläufig Max Bruchs Ohrwurm „Kol Nidrei” zu einem Fest ungetrübter Schönheit und herrlicher Kantabilität.

Auch der erste Satz aus György Ligetis Solosonate, die Gerhardt als Zugabe präsentierte, bestätigte die herausragende Qualität des Künstlers.

Eine straffe, zügige und in ihrer Gesamtkonzeption stringente Wiedergabe der zweiten Symphonie von Johannes Brahms, in dem sich das Orchester von seiner besten Seite zeigte, rundete das Programm ab. Kreizberg betonte die klassische Architektur der Partitur, ohne die romantischen Aspekte zu vernachlässigen. Bei aller Formstrenge und Großbogigkeit ließ er Brahms blühender Melodik Zeit zum Ausschwingen und überzeugte mit sorgfältiger Phrasierung.

Klangmodellierung gehörte an diesem Abend freilich nicht zu den Stärken des Orchesters. So wurde über manches in der Partitur geforderte Piano und Pianissimo hinwegmusiziert, vor allem von den Bläsern.

Der fulminant, aber nicht reißerisch angelegte Schluss sorgte für spontane Begeisterung des Publikums, die mit der Valse triste von Jean Sibelius und der Pizzikato Polka von Johann Strauß als hinreißend servierte Zugaben belohnt wurde.