Goldene Palme : Cannes auf der Zielgeraden - Wer gewinnt beim Festival?
Cannes 2023 konkurrieren 21 Filme um die Goldene Palme in Cannes. Am Samstag werden die Preise des wichtigen Filmfestivals vergeben. Es gibt einige Favoriten. Im Fokus steht auch eine deutsche Schauspielerin.
Sandra Hüller in gleich zwei Paraderollen, eine finnische Liebesgeschichte oder ein Drama über ein Paar mit skandalösem Altersunterschied: Vor dem Ende der Filmfestspiele in Cannes gibt es einige Favoriten für den Hauptpreis Goldene Palme, der am Samstagabend vergeben wird. Eine Handvoll Filme konnte besonders viele Kritikerinnen und Kritiker überzeugen. Darunter sind die beiden Wettbewerbsbeiträge, in denen Sandra Hüller mitspielt. Die 45-Jährige hat damit gute Chancen auf den Preis als beste Darstellerin.
In „The Zone of Interest“ von Jonathan Glazer spielt Hüller die Frau des KZ-Kommandanten Rudolf Höß namens Hedwig. Der Film, der auf einem Roman des kürzlich gestorbenen Autors Martin Amis basiert, wurde für seinen besonderen erzählerischen Zugang zum Holocaust gelobt. Glazer fokussiert sich auf das häusliche Leben von Höß und seiner Familie, die direkt am KZ Auschwitz ein luxuriöses Haus bewohnten. Von Auschwitz sehen die Zuschauer nur die Außenmauern oder einen rauchenden Schornstein. Schreie sind zu hören, während Hedwig ihren stattlichen Garten abschreitet oder dem Baby Blumen zeigt. Das Grauen wird durch den starken Kontrast zum Leben der Familie Höß deutlich.
In „Anatomy of a Fall“ verkörpert Hüller die Autorin Sandra, die sich nach dem Tod ihres Mannes vor Gericht verantworten muss. Das Drama von Justine Triet überzeugte vor allem die französische Kritik. Obwohl große Teile des Films im Gerichtssaal spielen, geht es dem Werk nicht vordergründig darum, aufzuklären, was passiert ist. Stattdessen handelt das Drama von der Grenze zwischen Fiktion und Realität und dem Scheitern einer Ehe.
Aki Kaurismäki zum fünften Mal im Rennen
Sehr gute Kritiken bekam die Tragikomödie „Fallen Leaves“ von Aki Kaurismäki. Der finnische Regisseur ist zum fünften Mal im Rennen um die Goldene Palme und hat sich eine treue Fan-Gemeinde erarbeitet. Eine Auszeichnung wäre wohl als Ehrung seines Lebenswerks zu verstehen. „Fallen Leaves“ erzählt von zwei einsamen Menschen am Rande der Gesellschaft, die auf der Suche nach Liebe sind. Die Supermarktangestellte Ansa hat gerade wegen der Mitnahme eines abgelaufenen Sandwiches ihre Arbeit verloren. Der alkoholsüchtige Bauarbeiter Holappa taumelt ebenfalls von einem Job zum nächsten. Ohne viele Worte finden die beiden zueinander - und drohen dann wieder, sich zu verlieren. Kaurismäki erzählt hier, wie üblich, ein karges Märchen, das mit seinem Humor die Kinozuschauer begeisterte.
Im Wettbewerb waren viele Hollywood-Stars zu sehen. Zum Beispiel in Wes Andersons Film „Asteroid City“, der wegen fehlender erzählerischer Tiefe aber eher verhaltene Kritiken bekam.
Anders war das bei „May December“ von Todd Haynes. Natalie Portman spielt darin eine Schauspielerin, die den Skandal über eine Beziehung von Gracie (Julianne Moore) mit einem deutlich jüngeren Mann verfilmen will. Gracie hatte in den 90er Jahren mit Mitte 30 eine Affäre mit einem erst 13-jährigen Schüler angefangen und kam dafür ins Gefängnis. Inzwischen sind die beiden verheiratet. „May December“ zeigt zwei Schauspielerinnen in Höchstform, das Drama wurde außerdem für seinen Humor und seine Tiefe gepriesen.
Preisverleihung am Samstagabend
Im Gedächtnis blieb auch „Four Daughters“ der tunesischen Regisseurin Kaouther Ben Hania. Der Film kombiniert fiktionale mit dokumentarischen Elementen und erzählt die Geschichte der Tunesierin Olfa Hamrouni. Sie wurde 2016 bekannt, als sie die Radikalisierung ihrer Töchter öffentlich machte. Die beiden hatten im Teenager-Alter Tunesien verlassen, um an der Seite des sogenannten Islamischen Staates (IS) in Libyen zu kämpfen. Inzwischen sitzen sie im Gefängnis.
Noch wurden allerdings nicht alle 21 Wettbewerbsfilme gezeigt. Freitagabend sollen noch die beiden letzten Filme folgen.
Vergangenes Jahr gewann die Satire „Triangle of Sadness“ von Ruben Östlund den Hauptpreis. Der schwedische Regisseur ist dieses Jahr der Präsident der Jury. Erst zweimal in der Geschichte des Festivals, das dieses Jahr zum 76. Mal stattfand, gewann eine Frau die Goldene Palme. Die Abschlusszeremonie beginnt am Samstag um 20.30 Uhr.
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