Ein Teil von ihr : Thriller „Ein Teil von ihr“ ist knallhart und gnadenlos
Was wäre, wenn Andrea nicht diese furchtbare Erfahrung gemacht hätte? Wäre sie weiter die introvertierte, eher antriebslose junge Frau geblieben, die mit 31 Jahren noch am Rockzipfel der Mutter hing?
Das Schicksal und Karin Slaughter wollten es anders. In ihrem neuen Thriller lässt die Erfolgsautorin ihre Heldin just an deren 31. Geburtstag in einen tödlichen Alptraum schlittern. Und wie immer ist ihre Story knallhart und ihr gesellschaftskritischer Blick gnadenlos.
Andrea, genannt Andy, will nichts gelingen – im Gegensatz zu ihrer erfolgreichen Mutter Laura. Bewundernd schaut sie zu der Logopädin auf, die ihr gegenüber stets liebe- und verständnisvoll ist. Bis zu ihrem Geburtstag. Denn da geraten Mutter und Tochter in einem Café in die Schusslinie eines durchgedrehten jungen Mannes. Laura erweist sich als nahkampferprobt, ja kaltblütig: Sie tötet den Amokläufer mit seinem eigenen Messer, während Andy paralysiert ist und hilflos zuschaut. Für beide wird der schreckliche Vorfall zu einem Schlüsselerlebnis.
Laura muss befürchten, dass ihre Tat nicht als Notwehr, sondern als Mord gewertet wird und schickt Andy deshalb fort. Ihre Tochter soll ihr Leben in die Hand nehmen. Völlig fassungslos steht Andy der neuen Situation gegenüber. Es ist der Beginn einer todbringenden Odyssee, deren Richtung aus der Ferne von Laura vorgegeben wird, deren Verlauf aber aus der Vergangenheit gesteuert zu werden scheint. Das ist die zweite Erzählebene, in deren Mittelpunkt die junge Jane steht, Tochter eines superreichen, skrupellosen Unternehmers, der sein musikbegabtes Kind quält. Verantwortungslose Eltern, schwache Geschwister und ein dämonischer Freund stürzen das Mädchen fast in den Abgrund.
Slaughter wechselt rhythmisch die Perspektiven zwischen den Jahren 1986 und 2018. Im gleichen Maße, wie sie die zeitliche Lücke füllt, entdecken Andy und Jane ihre Persönlichkeit. Beide Stränge nähern sich immer weiter an, bis sie mit einem Paukenschlag zusammengeführt werden.
Wie immer hat Slaughter keine Scheu, Verbrechen in all ihrer Brutalität und Grausamkeit zu schildern. Daneben aber beweist sie ebenso viel Gespür für die Zerrissenheit, für Sehnsüchte und Ängste, für starke Gefühle und damit verbundene innerliche Eruptionen, kurz: für die Komplexität ihrer Charaktere.