Roman „Hundesohn“ : Wie uns unsere Herkunft formt
Aachen Herbert, genannt Hawk, sitzt in einer Kneipe in der norddeutschen Provinz, als seine Vergangenheit ihn einholt. Jemand hat seinen heißgeliebten roten Alfa Romeo in Brand gesteckt.
Dabei hatte Hawk gerade alles wieder halbwegs im Griff: raus aus dem Knast, ein Job auf Lohnsteuerkarte, keine krummen Dinger mehr. Dann wird auch seine Wohnung angezündet. Hawk vermutet seinen ehemaligen Auftraggeber, einen Drogenbaron, hinter den Schikanen.
Sonja M. Schultz lässt ihren raubeinigen Protagonisten die Vergangenheit aufwühlen und den Leser Stück für Stück verstehen, wie Hawk zu dem werden konnte, der er ist. Vor dem gewalttätigen Vater und dessen Hundezucht viel zu früh allein in die Stadt geflohen, findet Hawk zunächst Unterschlupf und Arbeit im Hafenmilieu, bevor ihn der Traum vom Leben in Saus und Braus in den Drogenschmuggel zieht.
Schultz untersucht, wie unsere Herkunft uns formt – und ob wir uns jemals von unserer Vergangenheit und der Schuld, die wir empfinden, freimachen können. Die Autorin schafft es, die Schnoddrigkeit von Hafen und Kiez abzubilden und starke Bilder zu erzeugen, die aber nie pathetisch sind: „Er wusste schon, warum er diesem Fischmaul von Stadt den Rücken gekehrt hatte, denn wenn du erst mal drinhängst, gehörst du bald selbst zum Schleim, dem oben oder dem unten, das entscheiden am Ende die anderen, die mit den blitzenden Schuhen.“
Der Roman beginnt am Tiefpunkt eines eher eindimensional erscheinenden Verlierers. Schultz enthüllt jedoch nach und nach ein komplexes Netz zwischenmenschlicher Beziehungen, die das Handeln ihres Protagonisten nicht mehr nur schwarz und weiß erscheinen lassen und deren Existenz er sich zum Teil selbst nicht bewusst war. In einer Spirale immer weiter eskalierender Ereignisse scheint Hawk geradewegs auf sein Ende zuzusteuern.
Die Frage, ob er noch die Kurve bekommt, hält das Buch bis zur letzten Seite spannend.