Tom Hillenbrands neuer Krimi : Mörderische Zutaten aus Afrika in „Bittere Schokolade“
Aachen Was bei Tom Hillenbrand so gut tut: Zusammen mit Meisterkoch und Hobbydetektiv Xavier Kieffer trifft man bei ihm in Luxemburg ganz selbstverständlich auf alte Bekannte.
Da ist zum Beispiel sein finnischer Freund und Stammgast Pekka Vatanen, Agrarexperte bei der Europäischen Union, der in Kieffers Restaurant „Deux Eglises“ seinen Feierabend bei gut gekühltem Weißwein (schon seit der ersten Geschichte „Rivaner“) verbringt. Kieffers Handy klingelt, und da ist auch wieder Valérie im Spiel, die noble Freundin, Chefredakteurin und Besitzerin des berühmten Gourmetführers „Guide Gabin“, bei dem es ständig kriselt.
Hillenbrands erfolgreiche Krimireihe mit kulinarischem Touch, die 2011 mit dem Bestseller „Teufelsfrucht“ startete, geht in eine neue Runde: „Bittere Schokolade“ ist der sechste Titel – erneut gründlich recherchiert und mit leichter Hand geschrieben.
Kritischer Journalist
Hillenbrand setzt um, was ihn reizt und spart dabei nicht mit kritischen Tönen. Aus den Romanen des 46-Jährigen hört man stets die Stimme des kritischen Journalisten, der Missstände anprangert: „Bittere Schokolade“ ist eine durchaus politische Geschichte, durchsetzt von Action und kriminellen Überraschungen.
Kieffer gerät mitten hinein in gefährliche Spannungsfelder, die das Bemühen um „Fair Trade“ aus einem neuen Blickwinkeln zeigen. Gleich zu Anfang setzt Hillenbrand ein Zeichen: der Luxemburger Botschafter der Republik Kongo wird ermordet, während sich sein Chauffeur an einem Schokoriegel einen Zahn ausbeißt. Das lässt nichts Gutes ahnen. „Bittere Schokolade“ kommt in Fahrt.
Die Verbindung der zunächst schokoladig angelegten Story zu Kieffers normalerweise beschaulichem Leben als Restaurantbesitzer und Spitzenkoch, der die kulinarischen Spezialitäten seines Landes liebt, ist bald hergestellt: Ketti Faber meldet sich, Kieffers Pariser Jugendliebe. Rasch stellt sich heraus, dass bei Ketti, der einstigen Patisseurin, die inzwischen eine Schokoladenmanufaktur in der Nähe von Brüssel betreibt, tatsächlich etwas nicht stimmt. Sie hat Angst.
Luxemburger Köstlichkeiten
Hillenbrand lässt Kieffer beim Nachdenken oft etwas kochen. Und so kommt der Leser in den Genuss von kulinarischen Spezialitäten wie „Gebootschten Gromperen“, also Bratkartoffeln, den „Wäinzossis mat Moschtersoos (Bratwürsten mit Senfsoße) oder „Graffe Pati“, einer Terrine aus Leber, Schweinefleisch, Speck, Eiern, Wein und Gewürzen. Der Krimi macht Appetit.
So ist man als Leser gleich bestens sensibilisiert, wenn es um feinste Schokolade geht. Interessant sind die Details zur Herstellung. Wie wird aus einer Kakaobohne eigentlich Schokolade? Spannend das Ringen um nicht unwesentliche Einnahmen, mafiöse Strukturen deuten sich an, eine Branche, in der so manches hochkocht und Neuzüchtungen zum Politikum werden. Nun will eine Schokoladenherstellerin wie Ketti aus Brüssel im Kongo einfach Schokolade komplett im Land auf der eigenen Plantage produzieren, eine fair gehandelte Ware? Unglaublich. Und noch etwas: Hungerlöhnen und Kinderarbeit, sämtlichen Formen der Ausbeutung tritt sie entgegen. Das kann nur böse ausgehen.
Hillenbrand knüpft einen dicken „Problemknoten“. Dann wird Ketti spektakulär ermordet — im Aufzug, der die Luxemburger Oberstadt mit der Unterstadt verbindet. Und Xavier ist in der Nähe. Es stellt sich heraus, dass sie in allerlei üble Machenschaften verwickelt war.
Hillenbrand ist ein erfahrener Schreiber, der es versteht, das Tempo der Geschichte zu erhöhen. Die Handlung wird deutlich komplexer, und der ermittelnde Koch ist bald gezwungen, in einem Morast aus Intrigen und internationalen Verbrechen herumzustochern. Dabei greift Hillenbrand ins pralle kriminelle Leben. Um den Mord aufzuklären, schickt er Kieffer auf Reisen, nach London und auch nach Afrika, dorthin, wo Ketti Schokolade produzieren wollte. Der Showdown ist furios, zumal plötzlich eine sehr harte „Zutat“ in der Schokolade auftaucht: Diamanten. „Bittere Schokolade“ ist ein spannender und kluger Krimi.