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Krimi „Allmen und der Koi“ von Martin Suter: , 272 Seiten, Diogenes

Krimi „Allmen und der Koi“ : Ganz schön teuer so ein Koi

Aber mit Extravaganzen hatte Martin Suters Dandy und Amateurdetektiv Johann Friedrich von Allmen ja noch nie Probleme. Jetzt ermittelt er bei den Reichen und Schönen auf Ibiza.

Dem Musikproduzenten Garrett wurde ein kostbarer Koi gestohlen. Er beauftragt den Züricher Kunstsachverständigen und Hobby-Ermittler Johann Friedrich von Allmen mit der Wiederbeschaffung. Der nimmt den fast unmöglichen Auftrag an, denn es ist nun wirklich nicht neu, ja geradezu verpflichtend, dass Allmen Geld braucht.

Davon lebt die Reihe von Martin Suter. Schön ist, dass der preisgekrönte Schweizer Autor die Freunde eben jener Unterhaltungsserie nicht länger als ein Jahr warten lässt, bis sein ewig klammer Zürcher Lebenskünstler wieder durchstartet; auch wenn die neue Story „Allmen und der Koi“ zugegebenermaßen etwas dünn ist. Immerhin hat auch sie wieder einen hohen Unterhaltungsfaktor und ist – wie gehabt – amüsant und mit leichter Feder geschrieben.

Hochstaplerische Nonchalance

Nun also machen Allmen und sein guatemaltekischer Partner Carlos – kurz zusammengefasst in ihrer Zwei-Mann-Agentur Allmen International Inquiries – Jagd auf einen Prachtfisch im Wert von immerhin einer Million Euro. Und das geschieht auf Ibiza; es geht hinein in die Schwüle des spanischen Jetsets, zu dessen äußeren Kennzeichen anscheinend auch die Haltung dieser wahnsinnig teuren japanischen Karpfen gehören – sozusagen als Statussymbol. Der alternde Garrett macht da überhaupt keine Ausnahme. Aus seinem Fisch-Pool ist nun „Boy“ verschwunden, ein Prachtexemplar von Koi, das er seiner jungen Geliebten Akina zum Geburtstag geschenkt hat.

  Martin Suter: „Allmen und der Koi“ , 272 Seiten, 22 Euro, Diogenes.
Martin Suter: „Allmen und der Koi“ , 272 Seiten, 22 Euro, Diogenes. Foto: dpa/Diogenes Verlag

Allmen, bestens zu Hause in der High Society und noch mehr in der Kunst- und Kulturszene weltweit, nimmt den Auftrag zur Wiederbeschaffung an – sich seines zoologischen Defizits wohl bewusst. Zu verlockend sind die Annehmlichkeiten auf der Finca seines Auftraggebers, zu groß seine pekuniären Sorgen. Mit der ihm angeborenen hochstaplerischen Nonchalance und einem Koi-Crashkurs, den er und Carlos sich verpassen, geht er das Problem auf seine bewährte Art und Weise an: Er bewegt sich und ermittelt in den Kreisen, die ihm bestens vertraut sind, bei den Schönen und Reichen auf Ibiza, die selbstredend einen Koi-Teich auf ihrem Anwesen haben. Und doch ist nicht er es, der schließlich den verschollenen Fisch entdeckt.

Dass es bei der Suche zu mancherlei Komplikationen samt Todesfällen kommt, liegt auf der Hand. Schließlich ist Suters kleine Novelle als Krimi angelegt. Auch die beiden Hauptakteure blicken der Gefahr ins Auge: mal in Form von Naturgewalt, mal in Form von menschlichen Übergriffen – beiderlei Geschlechts. Was Allmen selbst verwundert, ist sein Sinnen über Vergänglichkeit und Zukunftsangst. Das gab es bei dem Mann, der sich so gerade noch in den besten Jahren befindet, bisher noch nicht. Fürs Ende hat sich Martin Suter einen fiesen Gag ausgedacht und damit der Geschichte noch etwas Pepp verpasst.

Zelebrierte Leichtigkeit

Ach, es macht einfach Spaß, das Buch zu lesen, auch wenn man versucht ist, von einem Martin Suter mehr zu erwarten. Schließlich wurde der Züricher Bestsellerautor (“Lila, Lila“, „Der Teufel von Mailand“, „Elefant“), zu dessen Werken unter anderem auch Wirtschaftssatire, Bühnenstücke und Drehbücher gehören, mit diversen nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet. Einige seiner Arbeiten sind als Hörbücher zu konsumieren, andere, darunter auch drei der jetzt sechs Allmen-Romane, wurden verfilmt.

Der 71-Jährige weiß natürlich, dass diese Leichtigkeit, wie sie sein Allmen zelebriert, manchmal einfach gut tut und dass man mit dem Lebemann zumindest auf Romanlänge gerne mal tauschen möchte. Außerdem: Solche „Ermittler“ wie Johann Friedrich von Allmen sind zumindest in der Kriminalliteratur durchaus eine Rarität – weniger mit ihrer Schlitzohrigkeit als mit ihrem guten Benehmen, ihrer gewählten Ausdrucksweise und ihrer hohen Bildung.