Aachen : Böses Spiel hautnah über Tisch und Stuhl
Aachen Ist sie ein dummer Bauerntölpel, oder ist sie eine Frau, die sich der Zudringlichkeiten ihres tyrannischen Ehemannes auf ihre eigene Weise entledigt?
Die Frage blieb letztlich unbeantwortet bei der Premiere von Gottfried Steins einaktiger Kammeroper „Else”, die nunmehr ihre Urauffühung durch das Theater Aachen im Mörgens erlebte.
Bereits 1993 hatte der in Aachen lebende Komponist Text und Musik zu diesem bitterbösen Kammerspiel geschrieben, das auf einem Märchen der Gebrüder Grimm basiert.
Die beschränkten Gegebenheiten des kleinen Raumes hatte das Bühnenteam optimal genutzt: In dem von Bühnenbildner Detlev Beaujean mit überdimensionalen Tisch und Stühlen und schräggestellten Leuchtröhren ausgestatteten Aktionsraum, hinter dem das kleine, solistisch besetzte Instrumentalensemble positioniert war, ließ Regisseur Alexander Gayk die vier Akteure Else, Hans und Elses Eltern intensiv, eindrucksvoll, für das Publikum hautnah erlebbar, ihr böses Spiel treiben.
Faszinierend zu beobachten, wie Gayk die minimale Spielfläche durch die im Verhältnis zu den Akteuren überproportionierten Tisch und Stühle erweiterte und auf verschiedenen Ebenen spielen lassen konnte.
Aus dem Gesang
Steins Musik ist aus dem Gesanglichen entwickelt. Das Spektrum des Vokalen reicht vom Sprechgesang bis zur espressiven gesanglichen Linie von bisweilen beklemmender Intensität. Das von David Marlow geleitete fünfzehnköpfige Instrumentalensemble liefert den dramaturgischen Widerpart, kommentiert, strukturiert, setzt blockartige Akzente in einer gemäßigten Atonalität, die fern jeder Elfenbeinturmmentalität eine eigene Sprache verrät und den Hörer packt. Das um so mehr, als neben der szenischen auch die musikalische Seite dieser Uraufführung als überaus gelungen bezeichnet werden kann.
Das gilt für die vier Sänger, die mit dem Dirigenten im Rücken weitgehend auf sich selbst gestellt, ihre anspruchsvollen Partien ausnahmslos stimmlich hochkarätig bewältigten, ebenso wie für das Instrumentalensemble, dessen Leiter David Marlow mit den permanenten Taktwechseln souverän umging.
Lisa Graf war eine anrührende, zwischen Tragik und Komik pendelnde Else, Hans Lydman ein widerwärtig primitiver Macho Hans, Patricia Herborn und Jaroslaw Sielicki spielten die bigotten und bornierten Eltern, die auch noch die Aufgabe hatten, in der Art eines antiken Chores das Geschehen zu kommentieren. Begeisterter Beifall nach der knapp einstündigen Vorstellung für das gesamte Ensemble und für den Komponisten.
Gottfried Steins Kammeroper „Else” wird noch drei Mal im Mörgens (Mörgensstraße) des Theaters Aachen aufgeführt. Termine: 10., 12. und 19. März, 20 Uhr. Karten gibt es in vielen Servicestellen Ihrer Tageszeitung, Infos unter 0241/5101175.