Aachen : Bald verlieren Anwälte Monopol auf Beratung
Aachen Über nichts geringeres als den „Beginn einer Zeitenwende” schwärmt Professor Christian Huber, Professor für Wirtschafts- und Arbeitsrecht an der RWTH, wenn er über die Veränderungen redet, auf die sich die deutschen Rechtsanwälte in kommender Zeit vorbereiten müssen.
Den deutschen Anwälten wird das alleinige Monopol auf die Rechtsberatung abspenstig gemacht -so sieht es eine Novelle zum Rechtsberatungsgesetz von 1935 vor. Hinzu kommt: Ab Mai sorgen sechs neue Fachanwaltsqualifikationen für mehr Spezialisierung bei den Anwälten.
Will heißen: Demnächst dürfen auch andere Dienstleister in rechtlichen Fragen beraten, beispielsweise die Kfz-Werkstatt, der Autoverleiher oder auch das Bankgewerbe; wenn ein Fall doch noch zum Anwalt kommt, dann wahrscheinlich zum Fachanwalt. Ergo: Für den „Allround”-Anwalt wird die Luft spätestens dann knapp, wenn die Kombination aus Spezialqualifikationen und freier Beratung greift.
Huber ist voll des Lobes über die Veränderungen. „Hintergrund der nicht unumstrittenen Liberalisierungsvorschläge ist die Höhe der Regulierungskosten in Deutschland.” Sie seien wesentlich höher als im europäischen Vergleich. Weitere Pluspunkte: „Für den Kunden bedeutet das einen Gewinn an Zeit, Geld und Qualität”, ist der Fachmann überzeugt. „Das deutsche System, nach dem jeder Jurist für jedes Gebiet qualifiziert sein soll, ist ein Relikt aus der mittelalterlichen Zunftordnung”, glaubt der Professor.
Die Nutznießer der Veränderungen sind die Bürger - und die Versicherer. Insbesondere die Kfz-Versicherer (Verkehrsrecht ist mit Abstand der teuerste Regulierungsbereich) hoffen auf sinkende Regulierungskosten - ein Faktor, den sie dann auch an die Kunden weitergeben könnten. Das Problem: „Die Wald- und Wiesenanwälte werden jetzt erheblich an Aufträgen verlieren”, sagt Huber. „Wer den Titel des Fachanwaltes führt, der trägt ein Gütesiegel, das ist so, als ob eine Art TÜV ihn geprüft hätte.”
Damit nicht genug, schon bald dürfen dann auch Autowerkstätten und dergleichen mit Beratung in Rechtsfragen werben. Ab Mai können Rechtsanwälte sechs neue Fachanwalts-Qualifikationen erwerben, den Fachanwalt für Verkehrs-, Bau- und Architekten-, Medizin-, Speditions- und Transport- sowie Mietrecht. Die Novelle des Rechtsberatungsgesetzes steht Ende 2005/Anfang 2006 zur Abstimmung im Bundestag an.