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Jülich: Ausstellung: Die Eifel im sanften Licht der Toscana

Jülich : Ausstellung: Die Eifel im sanften Licht der Toscana

In Nothberg wäre man wahrscheinlich glücklich, wenn der Eschweiler Stadtteil heute so aussähe, wie ein malender Sohn der Stadt, Gustav Preyer, die Nothberger Burg 1833 effektvoll ins Bild gesetzt hat: Ein romantischer Turm wird umschmeichelt von einem lieblichen See, überstrahlt von einem wunderbar südlichen Licht.

Tatsächlich ist das Gebiet um das Gemäuer herum ziemlich trocken. Aber im 19. Jahrhundert pflegten die Landschaftsmaler gerne den einen oder anderen Makel gnädig zu übersehen und das Publikum mit vollendeten Gegenden zu erfreuen. Das Museum Zitadelle Jülich und die Villa Römer — Haus der Stadtgeschichte Leverkusen präsentieren derlei Bilder jetzt in einer sehenswerten Doppelausstellung: „Tiefernst und stumm ist hier die Welt . . . Die Preußische Rheinprovinz im Blick der Düsseldorfer Malerschule“. Während der Part in Opladen bereits seit 5. September läuft, wird das Pendant in Jülich am Samstag um 16 Uhr eröffnet.

Projekt zweier Geschichtsvereine

Die Schau ist Teil eines umfassenden gemeinsamen Ausstellungs- und Forschungsprojekt des Jülicher Geschichtsvereins 1923 e. V. und des Opladener Geschichtsvereins von 1979 e. V., in dem das „preußische Jahrhundert“ zwischen der Inbesitznahme des Rheinlands und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs unter die Lupe genommen wird. Gipfeln soll das Ganze ab Juli 2016 in der Ausstellung „Das preußische Jahrhundert — Jülich, Opladen und das Rheinland zwischen 1815 und 1914“ in Jülich und Leverkusen

Als das protestantische, vom Landjunkertum geprägte Preußen und das katholische Rheinland aufeinandertrafen, da wurde keineswegs ein Ehebund im Himmel geschlossen. „Wie die politischen Ereignisse sich zwischen 1815 und 1914 lokal spiegelten, das soll mit unserer Ausstellung im nächsten Jahr dokumentiert werden“, erklärt Guido von Büren, der Leiter des Jülicher Geschichtsvereins. Die Schau der Landschaftsbilder jetzt soll etwas anderes darstellen, ein nicht unwesentliches Seitenthema.

Immerhin verdankt das Rheinland Preußen nicht nur das noch heute gültige Verwaltungswesen, die Schulpflicht, das Telefon, Bahnhöfe, Schulen, Kanäle, Bismarcktürme und die Fertigstellung des Kölner Dom, sondern auch die Gründung der Düsseldorfer „königlich-preußischen Kunstakademie“ nach einem Erlass des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. vom 9. März 1819. Innerhalb kürzester Zeit etablierte sich die Einrichtung als einflussreiche künstlerische Ausbildungsstätte und wichtige Institution der preußischen Kulturpolitik in den neu hinzugewonnenen Rheinlanden.

Maßgeblichen Anteil daran hatte der aus Jülich stammende Johann Wilhelm Schirmer, der die entstehende „Düsseldorfer Malerschule“ mit seiner Landschaftsmalerei entscheidend prägte. „Er brachte seine Schüler zur Freiluftmalerei“, erklärt der Jülicher Museumsleiter Marcell Perse.

Mit Pinsel und Palette in die Natur

Und so verließen die Künstler-Herrschaften, bewaffnet mit Pinsel und Palette, ihre Ateliers und schwärmten immer weiter aus — zunächst in die Umgebung von Düsseldorf, in den Grafenberger Wald, ins Neandertal, schließlich auch in die Eifel, den Rhein rauf und runter und ins Moselländchen.

Jede der beiden Ausstellungen in Jülich und Leverkusen-Opladen präsentiert nun über 80 Aquarelle, Zeichnungen, Drucke und Gemälde jener Düsseldorfer Landschaftsmaler, thematisch aufgeteilt: Während im Pulvermagazin des Museums Zitadelle der Schwerpunkt auf der Eifel und dem Mittelrhein liegt, zeigen die Arbeiten in Opladen Motive aus dem Bergischen Land und vom Niederrhein. Alle Bilder stammen aus der hauseigenen Sammlung des Museums Zitadelle.

Was die Maler bei ihren Expeditionen in die freie Natur zu sehen bekamen, war durchaus nicht immer erhebend. Caspar Scheuren schrieb 1862 auf sein „Eifel“-Blatt wohl ziemlich treffend ein Zitat des Dichters Wolfgang Müller von Königswinter: „Tiefernst und stumm und kalt ist hier die Welt . . . In diesen öden unfruchtbaren Weiten.“ Damals war die Eifel eine garstig-karstige Gegend — die Wälder abgeholzt im 18. Jahrhundert, der Rest vom Rindvieh abgefressen.

Erstaunlich, dass selbst Bilder dieser Ödnis in den USA in der Zeit reißenden Absatz fanden. Der Jülicher Schirmer lieferte reichlich davon an einen Händler in Cincinnati, der sich selbst mit unfertigen Studien zufrieden gab. Die „Eifellandschaft bei Gerolstein“ mit Sandweg, schroffem Felsen und einer hingewischten Wiese im Vordergrund zum Beispiel war für die USA bestimmt. Heute stehen in der Gegend Einfamilienhäuser, und der Sandweg wurde mit einer asphaltierten Straße überbaut — Museumsdirektor Perse kennt sich aus.

Löwenburg italienisch gestimmt

Nach einem Italien-Aufenthalt 1839 taucht Schirmer die Eifel in dramatischeres italienisches Licht. Eine Studie der Löwenburg mit Gerolsteiner Dolomiten aquarelliert er nachträglich mit einer italienisierenden Stimmung. Da wird die Eifel bisweilen zur Toscana.

Georg Saal öffnet mit einer pastoralen Landschaft ein idyllisches Eifel-Fenster in die Welt der Schäfer. Das Ahrtal gerät mitunter alpin, Gottfried Pulian veredelt das Moselländchen zu einem traumhaften Märchen mit Burg. Überhaupt immer wieder die Burgen — da pocht das Herz eines jeden Romantikers höher. Preußischer Ursprung der Düsseldorfer Akademie hin oder her . . .