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Aachen: Andreas Beitin soll Leiter des Aachener Ludwig Forums werden

Aachen : Andreas Beitin soll Leiter des Aachener Ludwig Forums werden

Der Nachfolger von Brigitte Franzen steht so gut wie fest: Andreas Beitin soll neuer Leiter des Aachener Ludwig Forums werden. Nach einem „komplexen Verfahren“, wie die Stadt am Dienstag mitteilte, legte sich die Auswahlkommission auf den 47-jährigen Kunsthistoriker, derzeit Leiter des Museums für Neue Kunst am Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe, fest.

Dem Vernehmen nach sollen am Ende noch drei Kandidaten in der engsten Auswahl gewesen sein. Die Personalie wird nun dem Rat der Stadt zur Beschlussfassung vorgeschlagen. Beitin soll die Leitung des Hauses an der Jülicher Straße am 1. Februar 2016 übernehmen. Franzen war zum Mai als geschäftsführender Vorstand in die Peter und Irene Ludwig Stiftung gewechselt.

Andreas Beitin wurde 1968 in Uetersen im Kreis Pinneberg (Schleswig-Holstein) geboren. Er studierte in Münster Kunstgeschichte, Angewandte Kulturwissenschaften sowie Neuere und Neueste Geschichte. Nach dem Studium arbeitete er für ein Düsseldorfer Kunstberatungs-Unternehmen. Parallel dazu schrieb er an seiner Dissertation zum Motiv des Schreis in der deutschen Malerei und Grafik des 20. Jahrhunderts, die er in Münster vorlegte. An das Museum für Neue Kunst kam Beitin im Oktober 2004 zunächst als wissenschaftlicher Volontär.

Dann war er dort als wissenschaftlicher Kurator tätig und wurde schließlich zum 1. April 2010 zum neuen Leiter berufen — übrigens als Nachfolger von Gregor Jansen, der zur Kunsthalle Düsseldorf wechselte. Jansen wiederum ist in der Aachener Kunstszene kein Unbekannter — und das nicht nur, weil er an der RWTH Kunstgeschichte studiert hat und hier auch Ausstellungen kuratierte, unter anderem im Ludwig Forum.

Beitin habe die Auswahlkommission „mit seinen Ideen für ein zeitgemäßes, inhaltlich attraktives Ausstellungs- und Forschungsprogramm überzeugt“, begründet die Aachener Kulturdezernentin Susanne Schwier die Wahl. Er sei durch seine bisherige Arbeit prädestiniert, „das Ludwig Forum als lebendiges Haus, in dem erstklassige Kunst gezeigt und in dem über Kunst auf höchstem Niveau diskutiert wird, weiterzuentwickeln“.

Gerade der Forumsgedanke habe ihn sehr gereizt, so Beitin am Dienstagabend gegenüber unserer Zeitung. Das Aachener Haus, das er übrigens „legendär“ nennt, sei eben kein klassisches Museum; vielmehr stehe hier der Diskurs im Mittelpunkt. Und gerade den will Beitin weiter pflegen und sogar intensivieren — etwa mit den anderen kulturellen und musealen Einrichtungen in der Stadt, auch mit den Hochschulen. „Es gibt viel Kompetenz in vielen Bereichen in der Stadt, das möchte ich nutzen“, sagt Beitin. Angesichts einer mehr und mehr komplexen Welt könne es nicht mehr das Ziel von Kulturinstitutionen sein, „sich nur als ein Forum für die Präsentation von schönen und kontemplativen Dingen zu verstehen“. Es müsse vielmehr darum gehen, sich als „zeitgemäße Diskursplattform für die künstlerische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Entwicklungen und Veränderungen im Zeitalter der Globalisierung zu präsentieren“.

Für Beitin, und da ist er geprägt von seiner Arbeit am Karlsruher Zentrum für Kunst und Medientechnologie, spielt da die Digitalisierung der Welt und der Medien eine zentrale Rolle, inklusive Themen wie Überwachung, Privatheit, Kontrolle. Dass er so begeistert ist von dem Forschungsprojekt Videoarchiv am Ludwig Forum, gehört in diesen Kontext. Das Projekt wird gefördert von der Volkswagen-Stiftung, in deren Gremien Beitin mitgearbeitet hat.

Die Sammlung der Ludwigs im Aachener Haus nennt der designierte neue Leiter „fantastisch“, und es steht für ihn außer Frage, dass er sie angemessen präsentieren will. Gelegenheit dazu besteht in den kommenden Jahren genug; Beitin nennt das Jahr 2016, denn dann vor 25 Jahren — konkret: im Frühjahr 1991 — zog die Sammlung Ludwig von der „Neuen Galerie“ in die ehemalige Schirmfabrik an der Jülicher Straße. Und er lässt durchblicken, dass er sich für das Jahr 2018 eine große Ausstellung vorstellen kann, die die Ereignisse des Jahres 1968 umfangreich reflektiert. Und das bezieht sich nicht nur auf Studentenunruhen und politischen Aufbruch, sondern auch auf die erste Präsentation der amerikanischen Pop-Art-Szene in Aachen durch Peter und Irene Ludwig, die zur Gründung der„Neuen Galerie“ führte.