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Aachen: Am Ende kippen moralische Grundsätze

Aachen : Am Ende kippen moralische Grundsätze

Vorurteile und Klischees - um das ganze Syndrom von stereotypen Bildern und Vorstellungen von Fremdem geht es in der Bühnenadaption von Joseph Conrads Erzählung „Ein Vorposten des Fortschritts”, die am Sonntag als szenische Uraufführung im Mörgens über die Bühne geht.

Als Regisseur konnte das Theater Aachen den jungen Hamburger Ulf Otto, Jahrgang 1975, gewinnen. Bei einem Theater-Projekt zwischen der Hamburger Kampnagel-Fabrik und den Berliner Sophiensälen sei man auf ihn aufmerksam geworden, erzählt Dramaturg Kay Wuschek. Es ging darum, Filmstoffe auf die Bühne zu bringen - Otto überzeugte das Publikum mit seiner Version von „Spiderman”.

Bei der gemeinsamen Planung für ein ähnliches Projekt in Aachen ist den beiden schnell Joseph Conrad in den Blick geraten, jener in der Ukraine geborene Sohn polnischer Eltern, der 1874 nach Frankreich ging, um Seemann zu werden, und schließlich als englischsprachiger Autor zu Weltruhm gelangte.

In „Vorposten des Fortschritts” arbeitet er - später ausführlicher im Roman „Herz der Finsternis” - seine Afrika-Erfahrung auf. Im Auftrag einer belgischen Company in den Kongo aufgebrochen, sollte sein Schiff bei den Schwarzen Elfenbein aufkaufen. Conrad hält seine Erlebnisse in einem Tagebuch fest, nach einem halben Jahr verlässt er das Land fluchtartig...

Drei Schauspieler verkörpern die Figuren: Laurens Walter und Jan Viethen die beiden Leiter der belgischen Handelsniederlassung im Kongo, Cornelia Dörr die „anderen” - in wechselnden Rollen die Parts des Erzählers ebenso wie die der Afrikaner, die dabei „immer wieder einen neuen Blick” auf die Protagonisten werfen lassen, so Ulf Otto. Das Kernproblem: Die beiden Europäer verstricken sich in der Extremsituation in den Sklavenhandel und handeln dabei völlig im Widerspruch zu ihren eigenen moralischen Grundsätzen. Otto: „Sie müssen erleben, dass ihnen die Moral nicht weiterhilft.”

Groß „umschreiben” musste das Gespann Wuschek-Otto den Text dabei nicht, wie sie versichern. „Es gibt epische Elemente ebenso wie hochdramatische.” Die Regie arbeitet vor allem mit Assoziationen, wie beide vorab erläutern. Aktionen und eingespielte Videobilder präsentieren jene Klischees von Afrika, die sich quasi automatisch bei Gedanken an den Schwarzen Kontinent einstellen. 90 Minuten wird das Ganze dauern.