Aachen : 50 Jahre Kölner Kantorei: Virtuos und flexibel
Aachen Dass Georg Hage, der Spiritus Rector des Aachener Bachvereins, vor drei Jahren mit der Leitung der Kölner Kantorei betraut wurde, ist als eine große Ehre, zugleich jedoch als eine noch größere Verpflichtung zu werten.
Denn in die Fußstapfen von Volker Hempfling zu treten, der den Chor vor 50 Jahren gegründet und im Laufe seiner 46-jährigen Tätigkeit zu einem Ensemble von internationalem Rang geführt hat, zeugt von hohem Vertrauen in das Können Hages.
Er ließ es sich nicht nehmen, das erste von zwei Festkonzerten im Jubiläumsjahr einen Tag nach einem Auftritt in der Kölner Trinitatiskirche auch in der nahezu voll besetzten Aachener Annakirche zu präsentieren. Und mit den ersten Tönen ließ sich feststellen, dass die Kölner Kantorei auch bei Hage gut aufgehoben ist. Das Niveau der Vereinigung ist so hoch anzusetzen, dass man es risikolos wagen konnte, ein dicht gepacktes Programm mit Werken zusammenzustellen, die einen Zeitraum von 800 Jahren überspannen und den Sängern ein extremes Maß an stilistischer Flexibilität, Einfühlungsvermögen und gesanglichen Qualitäten abverlangen.
Das Gerüst des abwechslungsreichen A-cappella-Programms bildeten die Hauptteile der heiligen Messe vom Kyrie bis zum Agnus Dei, angereichert mit einigen Zutaten, darunter drei hörenswerten Uraufführungen. Der Chor wirbelte von frühen Kyrie-Vertonungen über ein modernes Gloria von Simon Wawer und ein barockes Credo von Hans Leo Haßler bis zu einem romantischen „Agnus Dei“ von Brahms virtuos und ohne die geringsten Anzeichen von Unsicherheiten durch die Stile der Jahrhunderte. Dabei scheute man sich auch nicht, den dreiteiligen Kyrie-Auftakt auf drei Vertonungen der wichtigsten Vertreter der frühen niederländischen Vokalpolyphonie zu verteilen, nämlich auf die von Guillaume de Machaut, Guillaume Dufay und Josquin Desprez, womit sich auf engstem Raum eine 200-jährige Entwicklung der vorbarocken Mehrstimmigkeit eindrucksvoll nachvollziehen ließ.
Gloria in der Philharmonie
Besonderes Interesse verdienen natürlich die drei Auftragsstücke im Rahmen des Jubiläums, die ebenfalls denkbar unterschiedliche Anforderungen stellten: vom schlichten und sanften, aber wohl gesetzten „Gloria“ des Chormitglieds Simon Wawer über die herberen, introvertierten „Epigramme“ auf Texte von Angelus Silesius aus der Feder Stefan Heuckes bis zu den effektvollen, theatralisch angehauchten „Redwood(s)“ von Michael Ostrzyga.
Klangliche Ausgewogenheit, Intonationsstabilität, Textverständlichkeit und stilistische Sicherheit: Die Grundtugenden eines guten Chors haben die Sängerinnen und Sänger der Kölner Kantorei so verinnerlicht, dass die Schwierigkeiten der Gesänge gegenstandslos blieben. Und daran trägt auch Georg Hage seinen gewichtigen Anteil.
Dem dankbaren Beifall folgte als Zugabe eine kleine Bach-Motette. Und man darf sich schon jetzt auf das Chor- und Orchesterkonzert am 14. Oktober in der Kölner Philharmonie freuen, in dem die Kölner Kantorei und Georg Hage drei Gloria-Vertonungen von Bach, Poulenc und Puccini vortragen werden.