1. Karlo Clever

Karlo Clever: Die Natur verschwendet nichts

Karlo Clever : Die Natur verschwendet nichts

Wenn wir verwesendes Fleisch nur sehen, ekeln wir uns. Es zu essen, würde uns krank machen. Für viele Tiere hingegen gehört Aas fest zum Speiseplan. Sie können es gut verdauen.

Aus einem Tierfilm kennst du das vielleicht: Ein Rudel Löwen hat erfolgreich Jagd auf ein Zebra gemacht. Die Löwen fressen an ihrer Beute, bis sie satt sind. Dann ziehen sie weiter. Stunden später machen sich ein paar Hyänen über das angefressene Zebra her. Oben in der Luft kreisen bereits die Geier. Sie warten darauf, dass die Hyänen etwas übrig lassen.

Fleisch, das verwest, nennen wir Aas. Würden wir Fleisch essen, das schon den ganz Tag in der Sonne herumlag, würde uns wahrscheinlich furchtbar übel werden. Verwesendes Fleisch ist nicht gut für uns. Denn sobald ein Tier gestorben ist, beginnt es sich zu zersetzen. Bakterien vermehren sich im Fleisch. Dabei geben sie giftige Stoffe ab, die uns krank machen würden.

„Viele Tiere vertragen dieses Gift aber“, erklärt der Tierfachmann Matthias Papies: „Wer Aas frisst, hat eine starke Magensäure und Darmflora, die die Bakterien abtötet. Außerdem sind ihre Abwehrkräfte besser als unsere.“ Aasfresser können also Tiere verzehren und verdauen, die schon länger tot sind. Manche fressen sogar alles bis auf die Knochen.

Aasfresser haben einen entscheidenden Vorteil: Sie können sich die Arbeit sparen, ein Tier zu jagen. Deshalb machen es viele Tiere: Säugetiere, Reptilien, Fische, Insekten. Auch in Deutschland leben Aasfresser, zum Beispiel Raben- und Greifvögel, aber auch Möwen und Füchse. „Im Grunde gibt es keine Tiere, die gar kein Aas fressen“, sagt der Fachmann. „Schließlich legt jedes Tier für sich selbst fest, wann Futter nicht mehr genießbar ist. In der Natur schreibt ja niemand ein Verfallsdatum auf.“

So fressen Großkatzen wie Löwen ebenso Aas wie es Hyänen und Kojoten tun. Dabei sind Löwen dafür nicht so bekannt. Tatsächlich rümpfen Katzen zuerst die Nase, wenn Fleisch allmählich verwest. Ihre Mägen sind empfindlicher als etwa die von Hunden. Sie können Aas verwerten, das noch gammeliger ist. Die besten Aasfresser sind wohl Geier. Sie verdauen selbst stark verweste Kadaver, um die andere Tiere einen großen Bogen machen würden.

Weil wir Menschen das eklig finden, haben Geier nicht den besten Ruf. Wir benutzen das Wort Aasgeier sogar als Schimpfwort für eine raffgierige Person. Dabei spielen Geier und andere Aasfresser in der Natur eine sehr wichtige Rolle. „Sie räumen im Tierreich auf und sorgen dafür, dass sich Krankheiten nicht so schnell ausbreiten“, erklärt Matthias Papies. Ohne die Aasfresser würden in der Wildnis überall tote Tiere verwesen und sich giftige Bakterien ausbreiten.

(dpa)