Neue Folge der ZDF-Krimireihe „Kommissarin Lucas“ : „Ich will nicht erschossen werden“
Interview Mainz Die Schauspielerin Ulrike Kriener über ihre Rolle als „Kommissarin Lucas“, die sie seit 20 Jahren spielt, über das Älterwerden vor der Kamera und warum Fernsehkrimis realitätsfremd sind. Eine neue Folge der Reihe läuft am 30. April.
Es ist eine Paraderolle für Ulrike Kriener: Seit Jahren verkörpert die populäre Schauspielerin in der Krimireihe „Kommissarin Lucas“ die herbe Ermittlerin, die es aus Köln nach Bayern verschlagen hat. In der neuen Folge „Goldrausch“ (30. April, 20.15 Uhr, ZDF) glaubt ein demenzkranker Rentner, seine Tochter erschossen zu haben, doch die Lösung des Falls ist kompliziert.
Frau Kriener, seit 20 Jahren stehen Sie als Kommissarin Lucas vor der Kamera, 2002 begannen die Dreharbeiten zur ersten Folge. Macht es Ihnen nach so langer Zeit noch Spaß?
Ulrike Kriener: Das tut es, sonst würden wir es nicht machen. Natürlich waren wie in jeder langen Lebensspanne nicht alle Phasen gleich gut, aber wir haben immer wieder einen Weg gefunden. Es ist wie in einer langjährigen Beziehung, an der man ja auch arbeiten muss.
Wie erklären Sie sich den anhaltenden Erfolg der Krimireihe „Kommissarin Lucas“ beim Publikum?
Kriener: Ich denke, es hängt damit zusammen, dass wir es ernst meinen. Wir strengen uns wirklich an, gute Bücher hinzukriegen, wir nehmen Besetzung und Regie sehr ernst. Mir liegt auch daran, dass ich eine glaubwürdige und interessante Frauenfigur spiele, die nicht einfach nur brummig guckt und sagt: „Wo waren Sie gestern Abend?“, sondern psychologisch mehr Tiefe hat. Man weiß, dass es eine relativ einsame Frau ist, die ein autoritäres Verhalten hat, die ein bisschen raubeinig ist, die ihre Emotionen stark zurückhält. Da ist schon immer was zu tun für mich, und ich glaube, dass die Zuschauer das schätzen.
Hätten Sie Ellen Lucas gerne zur Freundin?
Kriener: Sie wäre auf jeden Fall eine schwierige Freundin (lacht). Keine, mit der man wahnsinnig viel Spaß haben kann und zum Shoppen geht oder zum Sonnenbaden nach Mallorca fährt. Aber sie wäre eine verlässliche Freundin, die einem auch mal einen unbequemen Rat gibt.
Mehrere Jahre lang hat Anke Engelke die Schwester der Kommissarin gespielt Wird sie mal wieder mitspielen?
Kriener: Privat habe ich noch Kontakt mit ihr, aber die Figur wird nicht mehr auftauchen.
Seit kurzem wird ja nicht mehr in Regensburg ermittelt, sondern in Nürnberg. Was war eigentlich der Grund für den Umzug?
Kriener: Nach den vielen Jahren gab es den Wunsch, das Ganze zu modernisieren, und deshalb ist man in diese größere Stadt gegangen. Nürnberg ist in der Anmutung ja großstädtischer als Regensburg, das ein bisschen gemütlicher ist, da sitzt man gerne in den Altstadt und so. Ehrlich gesagt ist mir der Wechsel schwer gefallen, ich hänge sehr an Regensburg. Aber nach dem Tod von Tilo Prückner, der von der ersten Folge an mitgespielt hatte, dachte ich mir: Vielleicht kommt der Umzug zum richtigen Zeitpunkt. Ich weiß gar nicht, wie wir den Verlust dieses so wichtigen Kollegen eingefügt hätten, wären wir in Regensburg geblieben. Die Stadt Nürnberg ist außerdem super entgegenkommend, wenn wir da arbeiten und drehen.
Wie ist das, wenn man mit der Rolle älter wird, die man spielt?
Kriener: Ich finde es toll. Wer hat denn schon das Privileg, mit einer Rolle älter zu werden? In den neuen Folgen, die wir jetzt drehen, werden wir das übrigens auch thematisieren. Man hat mit Mitte 60 ja nicht mehr dieselbe Haltung zur Arbeit wie mit Mitte 40, da stellen sich auch Verschleiß und Müdigkeit ein. Ich finde es richtig und wertvoll, dass wir mit der Figur Ellen Lucas auch solche Fragen stellen können, die im Fernsehen sonst nicht oft verhandelt werden: Welchen Stellenwert hat Arbeit noch, wenn ich älter werde, soll ich nicht allmählich eine neue Lebensphase anfangen, aber was kommt denn dann? Ist das noch wichtig, was ich tue, bin ich noch am richtigen Ort?
Wie lange wollen Sie die Figur noch spielen?
Kriener: Das wissen wir nicht. Wir reden anhand der Figur darüber, gerade auch weil sie in einer der nächsten Folgen einen Fehler macht und ihrer eigenen Lebenserfahrung nicht mehr traut. Und auch der Zuschauer fragt sich dann vielleicht, wie weit er dieser angeschlagenen Polizistin noch trauen kann. Aber wir machen das, solange uns noch etwas einfällt und wir das glaubwürdig finden. Wenn wir irgendwann nicht mehr weitermachen, werden wir einen schönen Abschluss finden, wie auch immer der sein wird. Da habe ich keine Pläne, das einzige was ich weiß ist: Ich will nicht erschossen werden.
Warum denn nicht?
Kriener: Ach, das ist doch die simpelste Methode. Nur weil bei der Polizei mit Waffen hantiert wird, muss die arme Kommissarin doch nicht erschossen werden. Das fände ich ein bisschen schlapp. Und es passt auch nicht zur Lucas, weil die ja nicht so viel mit Waffen zu tun hat, da würde ich mir was anderes wünschen.
Bekommen Sie von echten Polizisten Lob dafür, dass die Ermittlungsarbeit in der Reihe realistisch dargestellt wird?
Kriener: Gar nicht. Echte Polizisten sagen, dass es generell nichts mit der Berufsrealität zu tun hat, wie Polizeiarbeit im Fernsehkrimi abgebildet wird. Ich weiß das, weil eine Cousine meines Mannes Kriminalkommissarin ist. In 98 Prozent der echten Fälle steht der Täter neben dem Opfer, ungeklärte Mordfälle gibt es in der Realität wirklich wahnsinnig selten. Aber im Fernsehen lebt eine ganze Branche davon.
Was machen Sie eigentlich, wenn Sie nicht vor der Kamera stehen?
Kriener: Ich habe keine Hobbys, falls Sie das meinen. Ich gehe gerne raus, ich bin im Garten, im Sommer gehe ich schwimmen, ich treffe Freunde, ich lese, ich lebe. Mein Beruf ist mein Hobby.
Haben es Schauspielerinnen über 50 eigentlich immer noch schwer, gute Rollen zu bekommen, oder ändert sich das gerade?
Kriener: Ich habe nach wie vor gute Rollen und gute Angebote. Aber natürlich reduziert sich das in gewissem Sinne, einfach weil ich als ältere Frau nicht mehr für alle Themen in Frage komme. Filme über Familiengründung, große Liebe, Kinderkriegen – da komme ich mit Mitte 60 nicht mehr in Frage, aber was soll’s. Ich kann nur für Themen in Frage kommen, die meinem Alter entsprechen, aber die spiegeln sich wie gesagt nicht so oft im Fernsehen. Wenn ich so eine rare Perle finde und dafür besetzt werde, freue ich mich.
Verstehen Sie sich als Vorkämpferin für Frauen?
Kriener: Vorkämpferin weiß ich nicht. Aber als ich mit Maren Kroymann unseren Film „Mona & Marie“ beworben habe, der an Weihnachten lief, wurde uns beiden Frauen öfter gespiegelt, dass wir so etwas wie Role Models seien: Frauen, die auf witzige, etwas schräge Art, aber auch mit der Fähigkeit, sich über sich selbst lustig zu machen, gut alt werden.