Jubiläum beim „heute journal“: „Ich bin keine große Freundin des Genderns, aber ...“

Jubiläum beim „heute journal“ : „Ich bin keine große Freundin des Genderns, aber ...“

ZDF-Moderatorin Gundula Gause über 30 Jahre beim „heute journal“, die Sprache in den TV-Nachrichten, das Gendern in den Medien und das Geheimnis ihrer Frisur.

Ihr Gesicht kennt jeder, der regelmäßig Fernsehnachrichten schaut: Gundula Gause ist seit 30 Jahren Co-Moderatorin im „heute journal“. Ihre Premiere feierte sie am 8. Februar 1993 an der Seite des damaligen Hauptmoderators Wolf von Lojewski, später bildete sie 19 Jahre lang gemeinsam mit Claus Kleber ein festes Moderationsduo, neuerdings ist sie im Team mit Anne Gellinek zu sehen. Cornelia Wystrichowski hat Gundula Gause getroffen.

Frau Gause, seit 30 Jahren sind Sie Redakteurin und Co-Moderatorin im „heute journal“. Haben Sie mal gezählt, wie viele Ausgaben das sind?

Gundula Gause: Nein, das habe ich nie gezählt. Aber lassen Sie mich das kurz rechnen: Ich habe 29 Jahre lang etwa 150 Ausgaben im Jahr bestritten, davon zehn Jahre gemeinsam mit Wolf von Lojewski und 19 Jahre mit Claus Kleber. Seit letztem Jahr bin ich ja breiter aufgestellt, moderiere rund um Mitternacht auch das „heute journal update“ sowie die 12- und die 17-Uhr-Nachrichten, und nur noch 50 Tage im Jahr das „heute journal“. Also werden es bisher ungefähr 4400 Sendungen gewesen sein.

Welches war Ihr schwerster Einsatz?

Gause: Gravierend war es für mich, als Co-Moderatorin die Terroranschläge von 2001 mitzuerleben. Beim Tsunami 2004 im Indischen Ozean erinnere ich mich noch, dass Claus Kleber mich am zweiten Weihnachtstag morgens anrief und sagte: Wir müssen senden, da gibt es viele tausend Tote – am Ende waren es 300.000 Todesopfer. Am 24. Februar 2022 moderierte ich die heute-Sendungen um 12 und um 17 Uhr. In den Schalten zu unseren Korrespondentinnen und Korrespondenten in Moskau und Washington, Berlin, Brüssel und in Lwiw kam ein ungläubiges Entsetzen und eine gewisse Fassungslosigkeit deutlich zum Ausdruck. Es war eingetreten, was zu befürchten war, aber kaum jemand glauben wollte: Russland hatte einen Krieg in Europa begonnen und tatsächlich die Ukraine überfallen. Es ist ja leider das Wesen von Nachrichten, dass wir auf die Katastrophen, Anschläge, Kriege und Krisen schauen müssen.

Viele Leute zweifeln die Unabhängigkeit der Nachrichten an. Wie gehen Sie damit um?

Gause: Wir bekommen die Kritik, wir seien Mainstream, über E-Mails, Anrufe und die Rückmeldungen an unseren Zuschauerservice deutlich gespiegelt und diskutieren das intensiv. Wir haben den Anspruch, staatsfern und neutral, an der Sache orientiert zu berichten, und machen uns gerade nicht zum Diener einer Richtung. Wir sprechen bei allen politischen Themen auch immer die AfD an – wenn uns vorgeworfen wird, wir würden diese Partei nicht genügend einbeziehen, stimmt das einfach nicht. Aber häufig antwortet die AfD nicht auf Presseanfragen. Wir bemühen uns um eine umfassende, kritische und unabhängige Darstellung der Dinge und deshalb ist dieser Vorwurf aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt.

Wie halten Sie es mit der gendergerechten Sprache, die ja viele Zuschauer und Zuschauerinnen ziemlich polarisiert?

Gause: Ich bin froh, dass das ZDF uns da freie Hand lässt. Ich bin ehrlich gesagt keine große Freundin des Genderns, weil es für mich eine Verunstaltung der deutschen Grammatik ist. Zugleich finde ich es aber okay, wenn Kolleginnen und Kollegen das machen. Ich sehe auch ein, dass Gendern eine Kritik an nicht erfüllter Gleichberechtigung ist, und dass wir nicht einfach immer die männliche Form verwenden können und dann davon ausgehen, dass sich die Frauen inkludiert fühlen. Ich bemühe mich in meinen Formulierungen, auch mal die weibliche Variante von etwas zu nennen, zum Beispiel in einer Meldung nur von Ministerpräsidentinnen zu sprechen – und dann müssen sich eben die Männer impliziert fühlen.

Sind Sie ein Nachrichtenjunkie?

Gause: Der Begriff gefällt mir nicht. Sagen wir lieber: Ich bin eine Nachrichtenfrau durch und durch.

Sie gehören zu den bekanntesten Nachrichtenjournalistinnen im deutschen Fernsehen. Werden Sie auf der Straße oft erkannt?

Gause: Ja, und das ist außerordentlich erfreulich. Die Zuschauer sind sehr positiv mir gegenüber, sie freuen sich immer, wenn sie mich erkennen, man plaudert. Ich habe da viele sehr nette Begegnungen.

Bestimmt werden Sie auch oft auf Ihr Markenzeichen angesprochen, den Pagenkopf.

Gause: Ja nun, für mich ist die Frisur eigentlich gar kein Thema, ich habe sie schon immer – aus guten Gründen. Ich meine, dass sie mir gut steht, sie kaschiert etwas meinen langen Hals, und da ich nun mal eine Frau der Kontinuität bin, möchte ich da gar keine Experimente eingehen. Mein Friseur will mich gelegentlich zu kleinen Änderungen überreden, aber ich winke ab. Mir ist es vor allem wichtig, dass der Pony kurz ist, damit ich freie Sicht habe (lacht).

Wie lange wollen Sie dem „heute journal“ noch treu bleiben?

Gause: Da ich mich in hohem Maß mit der Sendung identifiziere, freue ich mich, solange es passt. Aber nichts ist für die Ewigkeit. Wir wollen ja junge Zuschauerinnen und Zuschauer erreichen, und das tun wir am besten, indem wir sukzessive junge Kollegen und Kolleginnen hinzunehmen. Da werden wir eines Tages eine gute Lösung finden. Ich klebe nicht an dem Posten und bin sehr froh über die Varianz, die ich inzwischen habe. Als Teil des Moderatorenteams von „heute journal update“ kann ich auch Interviews und Korrespondentengespräche führen, da bin ich sozusagen noch näher dran – und das macht mir schon große Freude.