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Das Buch zur Ausstellung

Der Weg zur Exzellenz-Uni : 150 Jahre RWTH Aachen auf einen Blick

Im Centre Charlemagne läuft die Ausstellung, im informativen Begleitband gibt es die Vertiefung: 150 Jahre RWTH Aachen – eine Zeitreise.

Wer die Ausstellung „Lernen. Forschen. Machen. 150 Jahre RWTH Aachen“ im Centre Charlemagne in Aachen bereits besucht hat, ist im Stadtmuseum möglicherweise auf den Begleitband zur Ausstellung gestoßen. Auch er trägt den Titel des Jubiläums und beleuchtet die Hochschulgeschichte aus zahlreichen Perspektiven. 35 Kurzbeiträge von 37 Autorinnen und Autoren – viele von ihnen zählen nicht zum Wirkungskreis der Hochschule – schaffen einen spannenden Zugang sowohl zur Vergangenheit als auch zum aktuellen Stand der Aachener Universität.

Die Texte wurden nicht exklusiv für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geschrieben, und auch nicht aus einem Elfenbeinturm heraus, sondern bewusst für ein breites Publikum. Schließlich versteht sich die RWTH Aachen als lebendiger Teil von Stadt und Region. So ist auch die Ausstellung, die noch bis zum 13. Februar im Centre Charlemagne zu sehen ist, in Kooperation mit der Stadt Aachen entstanden.

Gleich zweimal wird im Begleitband dieses Verhältnis von Hochschule und Stadt thematisiert, das in den Anfangsjahren eher holprig war, wie der RWTH-Historiker Max Kerner weiß, der auf die Jahre 1870/1880 blickt: „August von Kaven, der Gründungs(di)rektor des Aachener Polytechnikums, hat das wissenschaftliche Selbstverständnis seiner Hochschule von Anfang an deutlich gemacht.“ Kerner erinnert an den lateinischen Vergil-Vers über dem Türeingang des Chemischen Laboratoriums, dort, wo heute das SuperC steht: „Mens agitat molem“, zu Deutsch: „Der Geist bewegt die Materie.“

 „Für von Kaven ein hochgestimmtes Lob auf den menschlichen Geist als Herzstück der kosmischen Ordnung sowie auf die durch Wissenschaft und Forschung entwickelte Technik“, sagt Kerner. „Dies gefiel nicht allen hier in der Stadt, und so wandelten die Aachenerinnen und Aachener den Sinnspruch ihrer Mundart entsprechend um: ‚Der Mensch ajetiert met de Mull‘.“ 

Max Kerner schaut weit zurück

 Kerner, über drei Jahrzehnte Professor an der RWTH, unter anderem als Inhaber des Lehrstuhls für Mittlere Geschichte und Direktor des Historischen Instituts, verabschiedete sich 2009 in den Ruhestand. Er engagiert sich aber weiterhin an der Hochschule. So auch als Autor im Ausstellungsband, „weil Zukunft immer auch Herkunft ist und die Technik stets der Humanität verpflichtet sein muss – ganz im Sinne der Leitidee des August von Kaven: ‚bilden, wissen, können‘. Diese Grundidee ist auch im Begleitband zu finden.“

 Der Begleitband zum Jubiläum schafft transparente Einblicke in Lehre und Forschung der RWTH, blickt genauso in etliche andere Richtungen: Zum Beispiel auf die Auswirkungen der 68er-Bewegung an der Aachener Uni oder auf die Anfänge der Internationalität an der Hochschule und ihre Bemühungen in dem Zusammenhang, die mitverantwortlich dafür sind, dass heute unter den 47.173 Studierenden über 12.000 internationale Studierende aus 138 Ländern sind.

 Aber auch Versäumnisse werden ehrlich benannt: die Rolle der RWTH im Nationalsozialismus, ihre fehlende eindeutige Haltung was den damaligen Umgang mit jüdischen Lehrenden und Studierenden betrifft. Versäumt hatte die Hochschule auch, die Gerüchte um ihren ehemaligen Rektor „Hans Schwerte“, der tatsächlich aber Hans Ernst Schneider hieß und während der nationalsozialistischen Herrschaft als SS-Hauptsturmführer tätig war, selbst aufzuklären. Die Doppelidentität wurde dann letztlich nach investigativen Recherchen einer niederländischen Nachrichtenredaktion aufgedeckt, erregte internationales Aufsehen und ist der bislang größte Hochschulskandal.

Licht in dunkle Ecken

 Angelina Pils, wissenschaftliche Mitarbeiterin am RWTH-Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte, promoviert zur Enttarnungsgeschichte und ist damit auch im Begleitband vertreten: „Licht auch in die ‚dunklen Ecken‘ der Hochschulgeschichte zu werfen, den selbstkritischen ‚Blick zurück‘ zu wagen, indem sowohl persönlichen Erinnerungen als auch historischer Einordnung und Bewertung Gehör geschenkt werden, das zeichnet den Begleitband ebenso wie die Ausstellung aus.“

 Und wie könnte die RWTH in 50 Jahren aussehen? Dazu gibt unter anderem Jannis Koesling einen Ausblick. Er sitzt derzeit an seiner Masterarbeit im Fach Biologie mit dem Schwerpunkt Neurowissenschaften: „Individuelle Studieninhalte für alle Lebensabschnitte sind dann wählbar. Die Universität wird durch digitale Weiterbildungen zu einem wiederkehrenden Kontaktpunkt und über lokale, interdisziplinäre Projekte stärker mit den Menschen und der Stadt verwoben sein. Aber trotz der fortschreitenden Digitalisierung wird die Universität als physischer Ort niemals verschwinden.“

(red)