Aachen : Hilfsroboter: RWTH untersucht Technologien für Behinderte
Aachen Was bei kleinen Kindern normal ist und sogar zum Lernprozess gehört, kann im zunehmenden Alter unangenehme Folgen haben: Stürze. Vor allem dann, wenn Senioren allein in ihrer Wohnung sind und niemanden zu Hilfe rufen können. Doch das ist, wenn es nach Benedikt Brenken geht, lediglich noch eine Frage der Zeit.
Der Diplom-Ingenieur beim Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) der RWTH Aachen hat in den vergangenen zwei Jahren untersucht, wie man unterstützungsbedürftigen Menschen mit modernen Technologien zu mehr Lebensqualität und Sicherheit im Alltag verhelfen kann. Rahmen war das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt „Tech4P“ (Strategien für die Technologieintegration bei personenbezogenen Dienstleistungen).
200 Kilogramm schwer
Die Ergebnisse, zu denen auch eine Forschungslandkarte gehört, hat das Team nun beim 16. Aachener Dienstleistungsforum des FIR vorgestellt. Im Fokus stand dabei der „Care-O-bot 3“: ein Roboter, der in Kombination mit Haustechnik Sicherheit bieten soll. Das funktioniert so: Sensoren in der Wohnung nehmen den Sturz des Senioren wahr und übermitteln Signale an den Roboter. Der fährt zu dem Gestürzten und bringt einen an der Vorderseite befestigten Tablet-PC in Position, so dass der Senior ohne Mühe per Video-Telefonie in Kontakt mit einem Call-Center treten kann. „Die Mitarbeiter können sich dann ein Bild von der Situation machen und gezielte Schritte einleiten, zum Beispiel Nachbarn informieren oder einen Notarzt alarmieren“, erklärt Benedikt Brenken.
Bei dem Forschungsprojekt ging es nicht nur um die technische Weiterentwicklung des Roboters und um Geschäftsmodelle, sondern auch um die Akzeptanz. Dafür fuhr der Roboter auf Testpersonen zu. Das Ziel: Herausfinden, wie schnell er sich bewegen kann, ohne dass es als unangenehm und aufdringlich empfunden wird. „Der Roboter wiegt schließlich etwa 200 Kilo, da wollen die Leute keine zu große Geschwindigkeit und ein sanftes Abbremsen“, so Brenken.
Der „Care-O-bot “ ist bereits das dritte Modell der Robotergeneration, an dem das Frauenhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart seit zehn Jahren arbeitet. 200 000 Euro kostet ein Exemplar derzeit. Der Preis entsteht durch die teuren einzelnen Komponenten. Die Forscher wissen, dass die noch deutlich günstiger werden müssen, um den Roboter marktfähig für den privaten Gebrauch zu machen.
Die Zielgruppe der Senioren haben die Forscher mit Blick auf den demografischen Wandel gewählt. „Es ist ein Thema, das uns alle betrifft“, erläutert Brenken. „Wir brauchen mehr Pflege, haben aber nicht die Leute, um diese Leistung zu erbringen. Ohne den technologischen Einsatz schaffen wir es nicht, die Pfleger zu entlasten.“ Dabei gehe es nicht darum, die Pflegekräfte zu ersetzen. „Aber sie sollen sich auf das Wesentliche konzentrieren“, sagt Brenken. Getränke bringen, die Wäsche wegräumen — das könne auch ein Roboter erledigen. Ob und wie das ethisch zu vereinbaren ist, war ebenfalls eine Frage. „Starre Grenzen gibt es da aber nicht. Das ist stark von der Kultur abhängig“, sagt Brenken und verweist auf Japan, wo es Versuche mit Robotern gebe, die Menschen waschen.
Offiziell läuft das Forschungsprojekt noch bis Ende April — das Team will dann an die Ergebnisse anknüpfen und das Projekt fortführen. Konkrete Ansätze gibt es aber noch nicht. Das Frauenhofer-Institut war an dem Forschungsprojekt ebenso beteiligt wie das Institut für Arbeitswissenschaft der RWTH Aachen, Philips Healthcare und der Kundendienst-Verband Deutschland.