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Urlaubstrend : Urlaub – aber bitte im Wohnmobil

Urlaubstrend : Urlaub – aber bitte im Wohnmobil

Während der Corona-Pandemie war das Reisen nicht planbar. Urlaub war nur schwer möglich. Immer beliebter wurden Wohnmobile und Campingbusse. Was die Branche zu bieten hat und was man dabei beachten sollte.

Corona hat vieles verändert. Das gilt auch für unsere Art, Urlaub zu machen. Ganz hoch im Kurs standen 2020 und 2021 Ferien auf dem Campingplatz. Flugreisen waren wegen der Pandemie schwer planbar, jede Region konnte über Nacht zum Risikogebiet werden. Viele blieben einfach zu Hause. Oder sie fuhren mit Wohnmobil oder Wohnwagen auf die meist nicht so lange Reise – Urlaub in Deutschland erlebte eine Renaissance.

Dazu passen die Zahlen: Im vergangenen Jahr gab es hierzulande bei Campingfahrzeugen 81.420 Neuzulassungen. Binnen vier Jahren hat sich die Zahl damit mehr als verdoppelt. Allein für 2020 meldete die Branche ein Plus von 40 Prozent. Insgesamt sind auf deutschen Straßen rund 1,6 Millionen Wohnmobile unterwegs.

Obwohl die Zahl der Urlaubsflüge mit dem Ende fast aller Corona-Beschränkungen in diesem Jahr stark wachsen wird, rechnen Branchenkenner nicht mit einem Ende des Caravaning-Booms. Im Gegenteil: Martin Zöllner, Campingexperte beim Autoclub ADAC, spricht von einem „nachhaltigen Trend“. Das Interesse am Urlaub mit Wohnmobil wachse in der Gruppe von Mitte 20 bis Mitte 30 sehr stark, „vor allem bei jungen Familien“, so Zöllner.

Allerdings kosten Campinggefährte reichlich Geld. Selbst für kleinere Kastenwagen und Vans zahlen die Käufer in der Regel 50.000 Euro und mehr. Das können und wollen sich viele nicht leisten. Und das müssen sie auch nicht, denn an Möglichkeiten zum Mieten mangelt es nicht.

Zum Beispiel bei Roadfans. Das Unternehmen mit Sitz in Mönchengladbach zählt zu den Profiteuren der Pandemie. 2017 von den beiden Cousins Joscha Stephan (35) und Jan Philipp Harmes (30) gegründet, hat die Firma ihren Start-up-Status längst hinter sich gelassen. Für 2022 erwartet Roadfans eine Verdopplung des Umsatzes auf rund 50 Millionen Euro. Mit 90 Mitarbeitern (davon 70 Vollzeitstellen) bietet das Unternehmen an elf Standorten etwa 1200 Campingbusse und Wohnmobile an. Stationen gibt es unter anderem in Köln, Berlin, Hamburg und München. Wie profitabel das Geschäft läuft, möchten die beiden allerdings nicht sagen.

Das Besondere: Alles funktioniert digital. Von der Buchung über die Besichtigung und die Einweisung per Erklärvideo bis hin zur Fahrzeugübernahme und -rückgabe – ein direkter Kontakt ist nicht notwendig. Wie beim Carsharing lassen sich die Reisemobile mit dem Smartphone öffnen und schließen. Das gilt rund um die Uhr, auch an Sonn- und Feiertagen. „Wir haben mit unserem Geschäftsmodell den Nerv der Zeit getroffen“, berichtet Geschäftsführer Joscha Stephan. „Nach wie vor sind wir der einzige Anbieter, dessen Miet- und Abholvorgang komplett digital abläuft.“

Um erfolgreich zu bleiben, spielen die Macher aus Mönchengladbach weiter mit den Online-Karten. In Kürze soll eine App an den Start gehen, die neben dem Mieten auch das Kaufen der Reisemobile möglich macht. Zudem gibt es die Option, Stellplätze auf Campingplätzen zu buchen.

Trotz ihres rasanten Wachstums spielt die Firma noch nicht ganz vorne mit. Bei der Vermietung von Reisemobilen gibt es finanzkräftige Konkurrenz wie die Hymer-Gruppe aus Bad Waldsee in Baden-Württemberg. Hymer baut nicht nur Wohnmobile, sondern ist mit den Töchtern McRent, Renteasy und Crossrent zusätzlich als Vermieter unterwegs. Ebenso der ADAC.

Typisch für die Branche sind aber zudem viele kleinere Anbieter, die mit dem direkten Kontakt zu ihren Kunden aus der Region punkten. Wie zum Beispiel Caravan Schneiders in Roetgen. „Mit dem Mietgeschäft sind wir zufrieden, die Umsätze steigen“, erzählt Firmenchef Jürgen Schneiders. „Ausgebucht für den Sommer sind wir aber noch nicht.“ Schwieriger sei es beim Kauf von Wohnmobilen. „Die Hersteller können nicht so liefern, wie die Kunden es sich wünschen. Es gibt lange Wartezeiten“, so Schneiders. Wegen der Pandemie seien Lieferketten unterbrochen. Hinzu komme der Krieg in der Ukraine, von dort gebe es keine Kabelbäume mehr.

Zurück zu Roadfans. Laut Geschäftsführer Stephan hängen die Mietpreise nicht nur von Größe und Ausstattung des Fahrzeugs ab, sondern vor allem vom Reisezeitraum. Richtig teuer wird’s in den Schulferien. Interessenten sollten mit 100 bis 200 Euro pro Tag rechnen. Wer sein fahrendes Zuhause mit Küchenset, Gasgrill, E-Bikes und schnellem Internet komplett bestücken will, zahlt noch etwas mehr. Eine Mindestmietdauer gibt es nicht.

Die Reisemobile verfügen bei allen Anbietern über Dieselmotoren, weil dieser Antrieb bei schweren Fahrzeugen noch als der effizienteste gilt. Die Akkus zur Versorgung eines E-Antriebs würden den Camper zu schwer machen, das zulässige Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen ließe sich oft nicht einhalten.

Und das ist nicht die einzige Einschränkung, mit der Campingfans leben müssen. Der Boom fordert seinen Tribut. Einfach losfahren und dort bleiben, wo es einem gefällt – das gelingt kaum noch, weil die begehrten Stellplätze längst ausgebucht sind. Wer nicht Monate vor der Reise reserviert, geht in den angesagten Urlaubsregionen leer aus.