Nuenen : Mit Vincent van Gogh durch das Dorf Nuenen
Nuenen Er hätte sich gefreut — über das Museum „Vincentre“ in Nuenen und den Rad- und Wanderweg, der entlang vieler Plätze führt, wo er einst seine Staffelei aufstellte. Vincent van Gogh sehnte sich nach Anerkennung und Ruhm, die er zu Lebzeiten jedoch nicht erhielt.
Er kam 1883 hierher. Und zwar aus Drenthe. Er war krank, er hatte kein Geld mehr. Deshalb beschloss der damals 30-Jährige, zu seinen Eltern nach Nuenen zu ziehen, wo sein Vater Dorfpastor war. Er blieb zwei Jahre. Das kleine Dorf ist inzwischen zu einem hübschen Städtchen geworden, aber die bäuerliche Landschaft, die van Gogh einst inspirierte, prägt noch immer das Umfeld. Schöne Wälder, üppige Weiden und malerische Windmühlen wechseln sich ab.
Schon auf dem Weg ins Ortszentrum wird der Besucher von Vincent begrüßt. Eine lebensgroße Statue des Malers steht am Eingang des kleinen Stadtparks, auf den sämtliche Straßen des Ortes zulaufen. Auch die Straße „Berg“ geht hier ab, und am Haus Nummer 29 glänzen die weißen Fahnen des Van-Gogh-Zentrums „Vincentre“. Das 2010 eröffnete Haus setzt auf moderne Museumstechnologien und führt mit sorgfältig aufbereiteten Informationen den Besucher an van Goghs Welt heran.
Gleich im Erdgeschoss kommen seine Familie und Freunde zu Wort, die aus verschiedenen Bildschirmen zum Publikum sprechen. Sie erzählen über ihre Beziehung zu Vincent. Zwar auf Niederländisch, aber wer sich einen Audioführer leiht, kann die Geschichten dann auf Deutsch hören. Wir hören, dass er sich mit seinem Vater besonders schlecht verstand, aber zu seinem jüngeren Bruder Theo ein sehr inniges Verhältnis hatte.
Im Raum mit Staffelei und anderen persönlichen Utensilien erfahren wir mehr über seinen Malstil. Vincent malte nicht, heißt es da, sondern er modellierte mit Farbe. Lage für Lage strich er die Ölfarbe auf die Leinwand und schuf damit den für ihn so typischen Stil. Eine gute Ergänzung ist noch der Film, der die Entstehungsgeschichte seines Meisterwerks „Die Kartoffelesser“ rekonstruiert.
Im „Vincentre“ wird das Leben des Künstlergenies wieder lebendig, dennoch findet sich in den drei Ausstellungsetagen kein einziges Originalwerk. Das sei zu kostspielig, heißt es. Die Stiftung „Van Gogh Village Nuenen“ steht hinter dem gesamten Engagement, mit der Unterstützung von circa 180 ehrenamtlichen Mitarbeitern, die an der Rezeption stehen, durch die Ausstellung führen und im Museums-Café Besucher mit Kaffee und Kuchen versorgen.
Zeit ist stehen geblieben
Ein Parcours mit 17 Informationssäulen verwandelt letztlich die gesamte Ortschaft in ein Freiluftmuseum. Die erste Säule steht vor dem „Vincentre“.
Vor Säule 03 trifft man die meisten Besucher. Man findet sie vor der reformierten Kirche, in der sein Vater predigte und die der Künstler einst für seine Mutter malte. Die Zeit ist hier stehengeblieben. Kein modernes Haus wurde an den Kirchplatz gestellt, nur die Bäume sind inzwischen höher als auf dem Gemälde, und lautes Stimmengewirr durchdringt die stille Romantik.
Die „Waterstaatskerk“ ist heute bei Touristen aus Asien und USA besonders beliebt. Sie kommen eigens aus Amsterdam hierher, um sich dann hinter dem aufgestellten Bilderrahmen für ein Porträt mit der Kirche im Hintergrund fotografieren zu lassen. Das Gemälde ist allerdings verschollen. Es wurde bei einem Kunstraub 2002 aus dem Van-Gogh-Museum in Amsterdam zusammen mit weiteren Kunstwerken gestohlen.
Säule 05 steht genau an der Stelle, wo sich noch immer ein unscheinbares Landhaus befindet und zu van Goghs Zeit das Haus der Bauernfamilie stand, die er für sein Werk „Die Kartoffelesser“ porträtierte. Erst in Nuenen machte van Gogh das Malen zu seinem Lebensmittelpunkt, wobei er das Malen als eine Art Mittel auffasste, sich dem Menschen zu nähern. Einen wichtigen Teil seines Lebens erfährt man an Säule 11, die vor zwei Backsteinhäuser platziert ist. In einem wohnten die van Goghs und nebenan Familie Begemann. Der Künstler war in die Nachbarstochter Margot verliebt. Doch van Goghs durchaus bürgerliche Träume von Heim und Herd erfüllten sich nie.
Zwischen Nuenen und Gerwen verläuft der Radweg. An Werkstätten und Bauernhöfen vorbei, über Feldwege und kleine Baumalleen führt der Rundweg, der teilweise noch erstaunlich ursprünglich ist. Doch die unangefochtene Attraktion sind die Hunderttausenden von Glasperlen, die in den Asphalt eingearbeitet wurden, tagsüber das Sonnenlicht aufsaugen und sich bei Anbruch der Dunkelheit in funkelnde Sterne verwandeln. So wie in der berühmten „Sternennacht“ von Vincent van Gogh. Ermöglicht wird diese traumhafte Illusion durch die Installation des Techno-Designers. Dieser Wegabschnitt führt zur Wassermühle Opwetten. Van Gogh malte die Mühle. Heute ist in dem alten Gemäuer ein gemütliches Restaurant mit schönem Biergarten. Eine perfekte Kulisse, in der sich der Ausflug in van Goghs Welt traumhaft abschließen lässt