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Drama „Pelikanblut“: Intensiv und irritierend

Drama „Pelikanblut“ : Intensiv und irritierend

Ein Kinobetreiber meinte einmal im Gespräch mit Filmkritikern, das Wort „Problemfilm“ sei nicht erwünscht, es würde abschrecken.

Mittlerweile aber sind sogar extreme Problemfilme angesagt: Nach „Systemsprenger“ erzählt auch „Pelikanblut“ von einem schwer erziehbaren Kind, konzentriert sich aber auf die opferbereite Mutter und driftet nach langem Leiden ins Okkulte ab.

Die 45-jährige Wiebke (Nina Hoss) ist Spezialistin für schwierige Fälle, das sieht man schon, wenn sie bockige Polizeipferde mit viel Geduld zur Zusammenarbeit bringt und zwingt. Sie lebt mit ihrer neunjährigen bulgarischen Adoptivtochter Nikolina auf ihrem Reiterhof. Nun adoptiert sie mit der fünfjährigen Raya ein weiteres Mädchen aus Bulgarien.

Das niedlich aussehende Kind mit dem blonden Haar erweist sich bald als sehr aggressiv, bösartig, gewalttätig und gemeingefährlich. Das ist eine Belastung für die größere, nun vernachlässigte Adoptivtochter, die schon vorher Alpträume hatte. Und für Wiebke, die da mit ihren Pferdetrainingstricks nicht mehr weiterkommt. Raya beißt und schlägt im Kindergarten und bei Freunden um sich. Doch trotz der Diagnose einer schweren morphologischen Störung, eines unheilbaren Hirnschadens aufgrund frühkindlicher Vernachlässigung, gibt die verbissene Wiebke nicht auf.

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Die intensiv spielende Nina Hoss legt eine ruhige Überlegenheit in den Blick ihrer sichtbar vernarbten Wiebke, aber auch eine Verbissenheit. Die Pferdehof-Mama hat selbst Probleme mit Bindungen und Beziehungen. Der hilfsbereite Polizeireiter, der ihr den Hof macht, wird immer wieder abgewiesen.

Das christliche Motiv des Titels „Pelikanblut“ erklärt die Opferbereitschaft einer Pelikanmutter, die in ihre eigene Brust sticht, um die Brut mit Blut zu ernähren. Der Zuschauer staunt erst über die unendliche Leidensfähigkeit der Adoptivmutter, dann wundert man sich. Wenn die Grusel-Elemente und Horror-Maßnahmen Wiebkes zu einem Exorzismus führen, belastet das die Glaubwürdigkeit und das Konzept des Films über alle Maßen. Derart hat Regisseurin Katrin Gebbe (37) schon mit ihrem Debüt „Tore tanzt“ irritiert. Schließlich stellt sich dem Zuschauer die Frage, ob das alles ein Gewinn oder vertane Zeit ist.

Aachen: Apollo; Erkelenz: Gloria

„Pelikanblut“ (Deutschland, Bulgarien 2019), Regie: Katrin Gebbe, mit Nina Hoss, Katerina Lipovska, Adelia-Constance Ocleppo, 127 Min., FSK: ab 16

(ghj)