Les Lacs de l’Eau d’Heure : In Belgien gibt es Wasser, so weit das Auge reicht
Aachen Im südlichen Zipfel des Hennegaus und einem kleinen Teil der Provinz Namur, am Rande der Ardennen, liegt das größte zusammenhängende Seengebiet Belgiens – Les Lacs de l‘Eau d‘Heure.
1800 Hektar Fläche – aufgeteilt in 600 Hektar Wasserfläche, die auf fünf Seen mit 70 Kilometer Uferlänge (mehr als an der belgischen Küste) verteilt ist, 600 Hektar Wald, 600 Hektar Wiesenland, bebauten Flächen und Wegen. Der den Namen gebende Fluss Eau d’Heure entspringt in den Wäldern von Cerfontaine. Doch woher stammt dieser kuriose Name, der so viel bedeutet wie „das Wasser der Stunde“? In der Tat soll es im Mittelalter vorgekommen sein, dass es hier eine Stunde lang so stark regnete, dass der Fluss in nur einer einzigen Stunde die Region überschwemmte.
Die Talsperre und der See
Der See Plate Taille ist der größte in Belgien mit 351 Hektar Fläche und einer Kapazität von 68 Millionen Kubikmeter Wasser und 52 Meter Tiefe. Lohnend ist der Besuch des Empfangszentrums „Plate Taille“ mit Aquapark und einzigartigem Reliefmodell des Seengebiets. Regelmäßig finden am Plate Taille Führungen sogar durch das Innere des Stauwerks statt. Diesen Service bieten Talsperren nur äußerst selten an. Sehr sehenswert ist auch der 107 Meter hohe Turm, der zum Skywalk über die glasverkleidete Aussichtsplattform führt. Von hier ist der Rundblick über das Seengebiet atemberaubend.
Eine weitere Besonderheit ist das Amphibienfahrzeug „Crocodile Rouge“. Es fährt von der Straße auf den See und bietet seinen Passagieren einen „Ritt mit dem roten Krokodil“ auf dem Wasser. Natura Parc, ein Outdoor-Sportgelände mit Affenbrücken, Klettermauern, schiefen Ebenen, Hängenetzen, Baumwipfelpfaden (zwischen zwei und 25 Meter über der Erde) und vielen anderen Herausforderungen.
Der Eau d’Heure-See hat eine Fläche von 165 Hektar mit einer Kapazität von 17 Millionen Kubikmeter Wasser und einer Tiefe von 17 Meter. Darüber hinaus bestehen noch drei weitere Seen, die zu diesem Gebiet gehören. Der Falempise mit 41 Hektar, der Féronval mit 21 Hektar und der Ry Jaune mit 32 Hektar Fläche.
Viele Wassersportarten möglich
Auf dem Féronval gibt es den Spin Cablepark. Dieses Gebiet ist vor allem für sportliche Wasserratten interessant. Es werden alle möglichen Wassersportarten angeboten: von Wasserski bis Wakeboard, Kneeboard und Wakeskate (das sind alles dem Wasserski verwandte Wassersportarten). Hier darf sich eigentlich jeder, der fit ist, versuchen. Und zwar ohne, dass man von einem Boot gezogen wird. Der Wassersportler benutzt dazu einen Schlepplift/Skilift auf dem Wasser, der einen großen Kreis auf einem Parcours von 620 Meter formt. Für die Kühnsten sind hier und da Hindernisse (Kickers, Wedge, Slider, Roofbox, Softbox) auf dem Parcours positioniert.
Es können auch Paddleboards und Fahrräder ausgeliehen werden. An den Seen entstand ein Freizeitparadies der Extraklasse mit allen Arten von Wasserspaß und -sport. 2010 wurde es mit dem Qualitätslabel – Eden – European Destinations of Excellence für die Entwicklung des nachhaltigen Tourismus ausgezeichnet.
Les Lacs de l’Eau d‘Heure bieten nicht nur einen außergewöhnlich vielseitigen und einzigartigen Sommerspaß, sondern auch in den anderen Jahreszeiten hervorragende Möglichkeiten, die Natur und das Gebiet anhand von rund 100 Kilometer ausgeschilderten Wander- und Radwegen, vom kurzen Familienspaziergang über zwei Kilometer bis zur technisch anspruchsvollen Radstrecke. Zehn Routen stehen zur Verfügung, die GPS Daten und die Routen können auf der Internetseite heruntergeladen werden. An Übernachtungsmöglichkeiten mangelt es nicht. Neben vielen privaten Unterkünften gibt es auch Ferienparks, die sich durch besondere Familienfreundlichkeit auszeichnen und teilweise auch direkt am See liegen.
In der Umgebung von Les Lacs de l’Eau d‘Heure steht im äußersten Südwesten der Wallonie, nahe der französischen Grenze, eine der schönsten Basiliken Belgiens in Walcourt. Das alte, sehenswerte Festungsstädtchen gilt als das Eingangstor zum Seengebiet. Es liegt am Zusammenfluss des Eau d’Heure und des Yves auf einer Anhöhe. 30 Meter darüber thront ihr Wahrzeichen, die St. Maternus-Basilika, deren Querschiff aus dem 14. Jahrhundert stammt. Markant ist der mächtige Turm mit der oktogonalen Spitze, die von vier Türmchen mit spitzen Hauben flankiert wird. Abgeschlossen wird sie durch eine charakteristische Zwiebelkugel.
In ihrer Gesamtheit ist die Kirche im gotischen Stil gehalten. Das Kircheninnere zählt zu den beeindruckendsten Ensembles in ganz Belgien. Wunderschön ist das große Flamboyant-Fenster im Querschiff aus dem frühen 16. Jahrhundert. Ein Schmuckstück ist auch der Lettner aus dem Jahre 1531, ebenfalls im Flamboyantstil. Er wird auch als Karl-V- Lettner bezeichnet, weil der Kaiser diesen Lettner der Kirche als Geschenk machte. Dieses filigrane Meisterwerk aus Weißstein im gotischen Stil wird von Granitsäulen getragen, erhöht um ein Martyrium und ein monumentales Triumphkreuz. Sechs große Statuen stehen auf Konsolen während 23 kleine Nischen Statuen von regionalen Heiligen und biblischen Personen beherbergen.
Im Chor selbst ist das Chorgestühl aus Eichenholz vom Beginn des 16. Jahrhunderts sehenswert: 40 Stühle, raffiniert verziert mit Misericordien, den kleinen Stützbrettern, die satirische Szenen und Szenen aus dem täglichen Leben tragen. Die beeindruckende Statue Notre-Dame de Walcourt über dem Altar im linken Seitenschiffarm stammt sehr wahrscheinlich vom Ende des ersten Jahrtausends und ist damit eine der ältesten in Belgien.
Ihr ist eine berühmte Prozession gewidmet, die immer am Mittwoch nach Pfingsten und vor dem Dreifaltigkeitssonntag, an dem das Wunder von „Le Jardinet“ der Notre-Dame de Walcourt gefeiert wird. Die romanische Skulpur aus Lindenholz zeigt die Jungfrau sitzend mit dem Jesuskind auf ihren Knien, gekleidet in spanischer Robe.
Seit dem 17. Jahrhundert sind beide Gesichter von einer mit Silber überzogenen Schicht bedeckt, die im Laufe der Zeit immer mehr Schwärze annahm, sodass die Anmutung einer „vierge noire“ (schwarze Jungfrau/Madonna) entstand. Von besonderer Qualität ist auch die Schatzkammer der Basilika. Ein großes Doppelbalken-Reliquienkreuz aus dem 13. Jahrhundert sowie Reliquienschreine, Monstranzen stammen zum Teil von Hugo d‘Oignies oder seiner Schule, einem der berühmtesten Goldschmiede des Mittelalters, der in Walcourt geboren wurde.Viele seiner Werke sind in der Schatzkammer „Trésor d’oignies“ in Namur zu sehen.
Mittelalterliche Gassen
Zur Basilika hinauf führen mittelalterliche Gassen und Treppensträßchen wie beispielsweise die dem Goldschmiedemeister gewidmete Ruelle Frére-Hugo. Walcourt ist auch seit Jahrhunderten ein Wallfahrtsort, in einer Region mit bedeutendem Kulturerbe, den berühmten Musikmärschen l’Entre-Sambre-et-Meuse (Weltkulturerbe der Unesco). Nur wenige Kilometer entfernt findet man den größten natürlichen See Belgiens, den Etang de Virelle, der von einem Schilfgürtel umgeben ist.
Nicht weit von hier liegt auch das berühmte Trappistenkloster von Chimay und das mittelalterliche Städtchen Thuin mit seinen hängenden Gärten, und dem Belfried, der zum Weltkulturerbe der Unesco gehört, sowie die Abteiruine von Aulne, ein beeindruckendes architektonisches Ensemble und Brauereiort an der Sambre.