München : Streifen zum Zocken: Spiel und Film nähern sich an
München De Prinz kütt - ins Kino und auf die Konsolen. Auf den Leinwänden ist jüngst die Videospiel-Umsetzung „Prince of Persia: Der Sand der Zeit” angelaufen, während - pünktlich zum Start des Films - das Spiel „Prince of Persia: Die vergessene Zeit” zu haben war.
Das ist nur ein Beispiel dafür, dass der Zusammenhang zwischen den Medien Film und Videospiel komplizierter wird - aber auch spannender. Noch spannender sind häufig allerdings Spiele, die ganz ohne Vorlage daherkommen wie Filme.
Auf den persischen Prinzen wird der smarte Zauberer folgen: Im Herbst kommt mit „Die Heiligtümer des Todes” das finale Kapitel der „Harry Potter”-Saga in die Kinos. Und Electronic Arts arbeitet an gleich zwei begleitenden Spielen für sämtliche Plattformen vom PC bis zu Handys.
Zumindest eines davon wird laut dem Unternehmen zeitgleich mit dem Filmstart in den Läden und Downloadshops zu haben sein. „Spiele zum Film zum Buch” ist hier das Motto der Verwertungskette.
Ein „Spiel zum Film zum Comic” ist „Iron Man 2”. „Wir erzählen aber unabhängig vom Film eine neue Geschichte”, sagte Kyle Brink, der Chefentwickler des Titels von Sega, in New York kurz vor dessen Start Ende April.
Auch beim Ende 2009 erschienenen „Avatar” ist die Handlung des Films eine andere als die des Spiels, sagt Kai Schmidt von der Zeitschrift „GamePro”. Entscheidend ist aber etwas anderes: Hier hat weder der Blockbuster die Vorlage für das Spiel abgegeben, noch war es umgekehrt. „Die Filmproduktionsfirma und der Spielehersteller haben quasi zeitgleich daran gearbeitet.”
Der Haken dabei: Spannendere und vielfältigere Wege der Verwertung und Umsetzung bedeuten nicht automatisch mehr Qualität. „Iron Man 2” kommt beim Portal Metacritic.com, das Wertungen von Spieleexperten aus aller Welt bündelt, nicht gut weg: Auf einer 100-Punkte-Skala lagen die Werte je nach Plattform zwischen 40 und maximal 57 Punkten.
Bei „Avatar” sieht es mit maximal 61 Punkten kaum besser aus. „Das Spiel ist einfallslos und hätte fantasievoller sein können”, sagt Kai Schmidt und bestätigt damit die mauen Wertungen seiner Kollegen.
Allerdings sind sowohl „Avatar” als auch „Iron Man 2” immer noch besser als vieles, das zuvor auf Film-Grundlage entstanden ist. An ein extremes Beispiel erinnert sich Patrik Schönfeldt vom Verband für Deutschlands Video- und Computerspieler (VDVC): an das Spiel zu Bully Herbigs „Schuh des Manitu”. „Das hat 30 Euro gekostet, und im Prinzip war es nichts anderes als das Moorhuhn-Spiel - also sehr mau.”
Ein geradezu historischer Fall einer missglückten Umsetzung ist „E.T.”: Atari stellte das Spiel zum Blockbuster im Jahr 1982 für die Konsole 2600 in rauen Mengen her. „Die waren sich sicher, dass das ein Renner wird und haben mehr Spiele produziert, als Konsolen vorhanden waren.” Mit dem Ergebnis, dass das Unternehmen daran um ein Haar zugrundegegangen wäre - und gerüchtehalber Unmengen an nicht verkauften Exemplaren in irgendeiner Wüste verbuddeln ließ.
Ob bei Kritikern oder Käufern oder gar bei beiden: Weshalb gehen Spiele zu Filmen nach wie so oft baden, während die Streifen selbst unter Umständen gefeiert werden und viel Geld einspielen?
Das Problem lag und liegt teils noch immer darin begründet, dass die Hersteller der Spiele die Lizenzrechte für den Filmnamen teuer einkaufen müssen, erklärt Kai Schmidt. „Und wenn die schon dafür viel Geld ausgeben, können sie das unter Umständen nicht auch noch für das Spiel selbst.”
Hinzu kommt laut Schönfeldt die Zeitfrage: Ein vernünftiges Spiel auf die Beine zu stellen, das dauert - mitunter drei bis vier Jahre. „Einen Film zu drehen, geht schneller.” Trotzdem soll das Produkt für die Konsolen oder den PC pünktlich zum Kinostart zu haben sein. Dabei heraus kommen laut Schmidt oft „billig herunterprogrammierte” Spiele.
Geht es dagegen um erfolgreiche Umsetzungen, fällt den Experten nicht viel ein. Schmidt nennt die Spiele zu den „Riddick”-Filmen von 2004 und 2009 - inhaltlich gelungen und gut verkauft.
Als positives Paradebeispiel für den umgekehrten Fall, also für einen Film zum Spiel, gilt auch 15 Jahre nach dem Kinostart noch „Mortal Kombat”. „Das war ein ziemlicher Kassenschlager”, so Schmidt. „Die haben die Geschichte gut umgesetzt - aber ohne Splatter-Szenen.” Deshalb bekam der Film im Gegensatz zum Spiel auch die Zulassung für Jugendliche im Alter ab 16.
Doch die fruchtbarsten Begegnungen zwischen Spiel und Film gab es in jüngster Vergangenheit auf anderer Ebene: in Form von Spielen, die selbst wie Filme daherkommen. „Die Uncharted-Reihe orientiert sich ein bisschen an den Indiana Jones-Filmen”, sagt Kai Schmidt. Denn da hat man einen charismatischen Helden, der ständig Sprüche klopft, aber auch mal in Gefahr gerät. „Dazu gibt es dramatische Musik wie in Abenteuerfilmen.”
Gerade herausgekommen und mit Lob geradezu überschüttet worden ist „Red Dead Redemption” von Rockstar Games. „Das hat die Atmosphäre von Italo-Western”, so Schmidt - der bei den Entwicklern den Trend sieht, ihre Spiele „filmähnlich” zu gestalten.
Und wie kommt das? Schönfeldt verweist darauf, dass die Hersteller für Spiele-Storys immer öfter professionelle Autoren einspannen - wie beim Film. Laut Kai Schmidt steckt vermutlich noch etwas viel Simpleres dahinter: „Entwickler, die mit ihren Lieblingsfilmen aufgewachsen sind, zitieren die teilweise, wo sie nur können.”