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Helsinki: Passen und Prügeln: Jeder kann E-Sport-Profi werden

Helsinki : Passen und Prügeln: Jeder kann E-Sport-Profi werden

Das Flugzeug hebt mit einem Ruck ab. Und 80 aufgeregte Videospieler warten darauf, dass es seine Reisehöhe erreicht. Sobald das Anschnallzeichen erlischt, beginnt ein aufgeregtes Gemurmel. Die Passagiere packen ihre tragbare Spielekonsole, eine Playstation Portable, aus und treten gegeneinander im Kampfsportspiel „Tekken” an.

Beim „Tournament of the Flying Fist” in 10 000 Metern Höhe wollen sie herausfinden, wer der Beste ist. Solche Turniere werden immer häufiger veranstaltet, wenn auch meist auf festem Boden. Wer sich dabei besonders gut schlägt, kann E-Sport-Profi werden.

Das ist auch der Wunsch des 20-jährigen Thomas aus Köln. Über den Wolken misst er erstmals seine Kräfte mit anderen Spielern bei einem größeren Wettbewerb. Qualifiziert hat er sich dafür bei einer Veranstaltung in einem Elektronikmarkt.

„Ich habe extra noch einmal die alten Teile des Spiels gespielt und lange dafür trainiert”, erklärt der Student. Siegesgewiss und konzentriert schlägt er sich durch die Vorrunde, und als das Flugzeug auf dem Weg nach Helsinki die Ostsee überquert, hat er das Viertelfinale erreicht. Den Gewinner des Turniers erwartet eine dreitägige Reise durch Finnland.

Während Thomas noch am Anfang seiner Karriere als leistungsorientierter Videospieler steht, ist der im Dezember zum „Fussballweltmeister” gekürte Niederländer Andries Smit bereits an der Spitze angekommen.

Doch bis dahin war es ein weiter Weg: „Ich habe wirklich viel für den Fifa Interactive World Cup trainiert”, sagt der 17-Jährige. Seit dem ersten Teil spiele er die Fifa-Reihe.

Das Einstreichen des Gewinns sei für ihn nun Lohn der Mühe und der vielen Zeit, die er in das Spiel investiert hat. Doch nicht nur das Preisgeld von 20.000 US-Dollar (14.580 Euro) reizte Smit, sondern auch die Möglichkeit, die Niederlande bei den World Cyber Games, einer Art Weltmeisterschaft der Videospieler, in Seattle in den USA zu vertreten.

Auch für die Zeit nach dem professionellen Spielen hat Smit Pläne: „Ich würde gerne in der Gamesbranche arbeiten. Jetzt kennen die Leute meinen Namen, und ich hoffe, dadurch einen guten Job zu bekommen.”

Organisiert werden die World Cyber Games von dem Unternehmen Advanced Cyber Entertainment. „Für die meisten Spieler bedeutet das Teilnehmen an den Wettkämpfen die Möglichkeit, um die Welt zu reisen”, sagt Thomas von Treichel, Pressesprecher des Unternehmens.

Für die Finalisten tragen die Veranstalter die Kosten laut von Treichel zu 100 Prozent. Doch vor allem gehe es den Spielern darum, ihre Fähigkeiten einem großen Publikum vorzuführen.

rofi-Spieler kann man keinesfalls nur mit Ego-Shootern wie „Counter Strike” oder Prügelspielen wie „Tekken” werden. Die Palette der in Ligen ausgetragenen Spiele reicht von der Autorennsimulation „Need for Speed” bis zu Sporttiteln wie der Fußballreihe „Fifa”.

Um gegen anderen Spieler antreten zu können, muss man zunächst gar nicht auf Turniere fahren. Mit dem PC oder über die Online-Funktion von Microsofts Spielekonsole Xbox 360 können Spieler quasi aus dem Wohnzimmer heraus an Ligaspielen teilnehmen.

Bei Titeln wie „Need for Speed” oder „Fifa” werden die besten deutschen Spieler aus den Bewertungslisten herausgesucht und dann zu Qualifikationsspielen eingeladen. Und vielleicht werde dann über Nacht aus dem Spieler im Wohnzimmer ein Star, der in Korea, Singapur oder den USA Preise abräumt, so von Treichel.

In der Szene ein Bekannter ist zum Beispiel Niklas Timmermann. Er hat 2006 in Monza die Weltmeisterschaft in „Need for Speed” gewonnen. Dafür geübt hat er gerade mal eine Stunde am Tag. Das Gute an Videospielmeisterschaften ist laut von Treichel, dass jeder innerhalb kürzester Zeit eine Chance bekommt. „In einem Jahr kann man es von einem Niemand zu einem viel gefragten Star schaffen.” Das ginge im echten Sport nicht, da heißt es, als Kind anzufangen und sich über Jahre hinweg nach oben zu arbeiten.

Student Thomas kann diesmal dann doch nicht mit einem Sieg glänzen. Er ist im Viertelfinale gescheitert. Doch das macht ihm nichts aus. „Dafür bin ich nach Helsinki geflogen. Außerdem ist nächstes Jahr wieder ein Wettbewerb.” Bis dahin heißt es für Thomas und die anderen noch mehr zu üben. „Beim nächsten Mal werde ich der beste „Tekken” -Spieler sein”, sagt er siegesgewiss.