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Berlin: Lebensmittel per Mausklick: Sechs Millionen Deutsche ordern online

Berlin : Lebensmittel per Mausklick: Sechs Millionen Deutsche ordern online

Eigentlich klingt das nach einer feinen Sache: Ware am Bildschirm auswählen, per Mausklick in den Warenkorb legen, elektronisch bezahlen und nach Hause liefern lassen. Genau so läuft nicht nur der Online-Kauf von Büchern oder Waschmaschinen, sondern auch von Lebensmitteln ab.

Wer dabei allerdings Discounterpreise erwartet, liegt falsch: Viele Anbieter haben sich spezialisiert und berechnen außerdem Verpackung und Lieferung. Die Produktpalette wird breiter - der Gang in den Supermarkt aber nicht ersetzt.

Sechs Millionen Bundesbürger kaufen laut den Marktforschern von TNS Infratest in Bielefeld Lebensmittel im Internet ein. Vor allem bei Berufstätigen stoßen die Anbieter auf Interesse: Jeder Dritte möchte zumindest theoretisch auf Schlangestehen und Stress verzichten und findet das Bestellen reizvoll. „Diese Menschen verfügen über Kaufkraft und wenig Zeit, sind aber mit dem Internet vertraut”, sagt Christian Hallerberg vom Branchenverband Bitkom in Berlin.

Aber nicht die in Supermärkten gängigen Frischeprodukte wie Obst, Wurst oder Käse sind beim virtuellen Einkauf gefragt. Vor allem Nichtalltägliches wandert in die Warenkörbe, erklärt der Handelsexperte Peter Sonneck von TNS Infratest: Delikatessen und Gourmetartikel wie Olivenöl, Kaviar oder spezielle Gewürze sowie Weine und Spirituosen, auf deren Versand sich Anbieter wie gourmondo.de oder gourmantis.de spezialisiert haben. „Das Internet macht Nischenprodukte einer breiten Masse zugänglich, und Verbraucher können online spezielle oder seltenere Lebensmittel erwerben”, erläutert Hallerberg.

Aber auch in sogenannten Online-Supermärkten können Verbraucher einkaufen: doit24.de, lila-se.de oder edeka24.de liefern Lebensmittel bundesweit, allerdings mit einigen Zusatzkosten. Branchenprimus Edeka etwa verlangt für den DHL-Versand, der nach eigenen Angaben im Schnitt drei Tage ab Bestelleingang dauert, eine Pauschale von 3,95 Euro. Sie entfällt erst ab einem Bestellwert von 75 Euro. Bei Zahlung per Nachnahme entstehen Kosten in Höhe von 6,50 Euro. Für den Expressversand von gekühlten Lebensmitteln fallen 15 Euro an.

Einen solchen Service könnte im Prinzip auch der Supermarkt um die Ecke anbieten. Realität ist das bisher aber noch nicht allzu häufig: Wenn „echte” Märkte einen Onlineshop haben, gebe es darin vor allem Aktionsware wie Kleidung oder Elektrogeräte, aber keine Lebensmittel, erläutert Aline Eckstein vom Institut für Handelsforschung an der Universität Köln.

Gerade die umsatzstarken Discounter seien in diesem Segment so gut wie gar nicht tätig. Grund dafür seien die zu aufwendigen Lager- und Logistikprozesse, aber auch der Konsument an sich: „Das Vertrauen, das Kunden über Jahre in einen Supermarkt aufgebaut haben, muss sich erst noch auf den Internethandel übertragen”, gibt Aline Eckstein zu bedenken.

So sind gerade Frischwaren oder Tiefkühlkost aufgrund der nötigen Kühlung nur schwer per Lieferung erhältlich. „Hier ist einerseits das Angebot rar, aber auch die Hürde für Verbraucher groß, etwas zu bestellen”, wie die Forscherin mit Fachgebiet E-Commerce ermittelt hat. Bessere Chancen habe standardisierte Ware von gleichbleibender Qualität wie etwa Schokolade oder Cappuccino-Pulver.

Anders sieht es aus, wenn innerhalb eines Stadtgebiets geliefert wird. Dann geht es nicht nur schnell, sondern teils auch günstiger. Wer etwa im Onlineshop der Kette Kaisers Lebensmittel vor 9.00 Uhr in der Region München ordert, zahlt fünf Euro Versandkosten und bekommt auch Frische- oder Tiefkühlware laut Unternehmensangaben innerhalb von vier bis acht Stunden an die Haustür geliefert. Der Anbieter Saftfabrik (saftfabrik.de) versendet innerhalb Berlins kostenfrei, allerdings erst ab 24 Euro Warenwert. Beim Hersteller mymuesli.de in Passau können Kunden Bestelltes kostenlos in einer Filiale abholen. Der Versand kostet hingegen 3,90 Euro.

Unterm Strich ist der Einkauf im Internet bequem, aber keineswegs billiger als im Supermarkt. „Mindestens zehn Prozent Mehrkosten müssen Kunden zusätzlich zum Versand wegen der Kommissionierung einkalkulieren”, sagt Thomas Hitzler vom Anbieter lila-se.de in Tübingen.

Gerade wer auf einen Bringdienst angewiesen ist, akzeptiert häufig die höheren Preise. „Dennoch darf den Waren nicht blind vertraut werden”, rät Isabelle Mühleisen von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf: Vorsicht gelte bei Kühlprodukten oder solchen mit Mindesthaltbarkeitsdatum. Außerdem müsse der Kunde zwischen gewerblichen und privaten Anbietern unterscheiden. Seriöse Anbieter haben gewerbliche Registriernummern - zu finden im Impressum der Internetseiten. Der Einkauf von Markenprodukten sei grundsätzlich unbedenklich. „Den persönlichen Eindruck ersetzt das aber nicht.”

Die Online-Anbieter lückenlos zu überwachen, sei aufgrund ihrer großen Zahl schwierig, räumt Martin Müller vom Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure in Berlin ein. Weil Risikobehaftetes wie Lachs oder Tiefkühlkost teils auch aus dem Ausland im Umlauf ist, sei das Bestellen über das Internet keineswegs bedenkenlos. Gerade bei leicht Verderblichem sollten Verbraucher auf eine kurze Zutatenliste achten - die ohnehin für einen gesünderen Inhalt stehe.