Berlin/Düsseldorf : Eingebaute Orientierungshilfe: Kameras mit GPS-Funktion
Berlin/Düsseldorf In der Flut seiner Digitalbilder hat schon mancher Fotograf die Orientierung verloren: Wo und wann das hübsche Bild des Sonnenuntergangs entstanden ist, das in Arbeitspausen den Bildschirm verschönert, kommt partout nicht mehr in den Sinn. Abhilfe könnten Kameras schaffen, welche Zeit und Ort der Aufnahme mit dem Bild verknüpfen. Bisher denken die Kamerahersteller beim Thema GPS aber vor allem an professionelle Kunden.
Abgesehen von GPS-Handys mit Kamera und einigen Navigationsgeräten mit integrierter Kamera ist das Angebot für Anwender mit höheren fotografischen Ansprüchen derzeit eher klein - und teuer. Angeboten werden Kameras, die mit einem GPS-Empfänger zusammenarbeiten können, derzeit nur von Sony, Ricoh und den altgedienten Platzhirschen auf dem Fotomarkt: Canon und Nikon.
Ricoh bietet mit der Acht-Megapixelkamera Caplio 500SE ein Gerät an, das via Bluetooth mit einem GPS-Empfänger verknüpft werden kann. Sony hat ein eigenes GPS-Zusatzmodul für seine Cybershot-Kameras auf dem Markt. Bei Nikon und Canon kommen nur Besitzer der professionellen Spiegelreflexkameras in Genuss der automatischen Ortsangaben: Bei Nikon sind dies die Modelle DSX2, DSH sowie D 200, bei Canon ist es die EOS 1 Mark III. Die Profikameras lassen sich via USB- oder serieller Schnittstelle über ein Kabel mit handelsüblichen GPS-Empfängern verbinden. Eigene Positionsbestimmer haben Canon und Nikon nicht.
Abgelegt werden die Ortsangaben in der so genannten EXIF-Datei, in der eine Digitalkamera neben der Zeit der Aufnahmen auch die bei der Aufnahme verwendete Blendenöffnung, die eingestellte Brennweite, die Lichtempfindlichkeit des Sensor oder die Belichtungszeit speichert. Praktischerweise haben die Erfinder dieses Dateiformats mit Weitsicht von Beginn an Platz für Ortsangaben gelassen.
Eine „Killerapplikation für den Consumerbereich” seien Fotos mit Ortsangabe bisher nicht gewesen, sagt Markus Bautsch, Kameraexperte der Stiftung Warentest in Berlin. „Profis und Japaner” seien die Zielgruppe. Auf dem Amateurfotomarkt in Europa spielten Kameras mit GPS keine Rolle.
Fotoreporter nutzen die GPS-Daten, um ihren Auftraggebern glaubhaft zeigen zu können, dass die Nachrichtenfotos auch wirklich aus dem hinterletzten Dorf des Libanon stammen. Auch Wissenschaftlern wie Archäologen oder Sachverständigen und Ermittlern der Polizei komme die automatische Positionierung der Aufnahmen zupass. Doch auch da ist der Nutzen der eingenordeten Fotos eingeschränkt: „Es ist schön, wenn ich mich an etwas erinnern muss. Es hat aber keine Beweiskraft vor Gericht”, sagt Alfred Scheffer von Nikon Deutschland in Düsseldorf. Consumerkameras mit GPS-Kompatibilität will Nikon laut Scheffer in Kürze nicht auf den Markt bringen. „Ich weiß nicht, ob der Markt dafür groß genug ist.” Wenn sich eine entsprechende Community auftue, könne sich das aber ändern.
Laut Jan-Markus Rupprecht, Chef des Internetportals „Digitalkamera.de” mit Sitz in Lübeck, haben Fotos mit Ortsangabe jedoch eine Zukunft: „Das steckt noch in den Kinderschuhen. In 10 Jahren werden Kameras mit GPS Standard sein.” Der Photo-Industrie-Verband (PIV) in Frankfurt/Main ist ähnlich optimistisch: „Navigationsgeräte werden schon bald selbstverständliche Ausstattungsmerkmale von Handys und Kameras sein”, heißt es in einem aktuellen Newsletter.
Gerade in Verbindung mit Internetportalen - etwa „Locr.com”, „Mappr.com” oder Google-Maps und Google-Earth - bieten ortsfixierte Fotos die Möglichkeit, die Urlaubsbilder in Web-Diaschauen in der zeitlich richtigen Reihenfolge und räumlich sortiert zusammenzustellen. „Wenn die Ortsdaten in den EXIF-Dateien gespeichert sind, kann man sich zeigen lassen, welche Bilder von anderen Leuten an der gleichen Stelle gemacht wurden”, so Rupprecht.
In Verbindung mit Navigationsgeräten, welche die GPS-Daten der Fotos auslesen können, sind dann noch weitere Anwendungen denkbar. Die folgende Anweisung sollte für das fotoaffine Navi dann kein Problem mehr darstellen: Zeige mir, wo und wann ein gutes Foto aufgenommen worden ist, und führe mich dorthin.
Auf fünf Meter genaue GPS-Ortsangaben machen jedoch nur Sinn bei Nahaufnahmen. Was hilft es, den Standort des Fotografen zu kennen, wenn der mit einem langen Telerohr ein Objekt aufgenommen hat, dass einen halben Kilometer weit entfernt ist? Dann müsste man zumindest die Himmelsrichtung wissen, in welche das Objektiv der Kamera gerichtet war. Dafür haben die Erfinder der EXIF-Datei aber keinen Platz gelassen.